UNTERNEHMEN & MÄRKTE
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BERLINER WIRTSCHAFT 01/17
Mit kloeckner.i geht der
Stahlriese in die Zukunft
Viele Unternehmen fragen sich derzeit, was die Digitalisierung
konkret für sie bedeuten kann. Die Klöckner & Co. SE zeigt, wie
dieser Weg aussehen könnte
»
Von Silke Richter
V
or zwei Jahren begann
Klöckner & Co. mit der Um-
setzung seiner Digitalisie-
rungsstrategie, anfangs von
Spezialisten beraten. Bislang ist der Stahl-
handel durch hohe Lagerbestände und
sehr analoge Prozesse gekennzeichnet.
Viele Bestellungen von kleinen und mit-
telständischen Kunden erfolgen bis heu-
te per Fax. Gleichzeitig wächst jedoch
die Erwartungshaltung der Kunden, dass
auch Spezialstähle möglichst kurzfristig
überall auf derWelt verfügbar sein sollen.
UmdiesenAnforderungen gerecht zu
werden, entwickelte Klöckner die Idee ei-
ner Plattform für den Stahlhandel, die für
die Kunden ein sehr umfassendes Pro-
duktpaket anbieten und sogar für Wett-
bewerber offen seinwird. „Die Plattform-
die Digitalisierungsgesellschaft kloeck-
ner.i gegründet, die eigene Räume in der
Brunnenstraße in Mitte bezog.
Dort wird die Plattform für den Stahl-
handel jetzt modulartig entwickelt, erste
digitale Tools konnten bereits nach we-
nigen Monaten online gehen und kom-
men bei den Kunden sehr gut an. Dies
gilt beispielsweise für das Kontraktpor-
tal. Kontrakte sind eine bestimmte Form
von Lieferverträgen, in denen festgelegt
wird, welche Mengen zu welchen Prei-
sen in einem definierten Zeitraum abge-
rufenwerden können bzw. müssen. Die-
se Kontrakte laufen üblicherweise über
sechs Monate, manchmal auch länger.
Deshalb verlieren Kunden immer wie-
der den Überblick darüber, welche Men-
gen bereits abgerufen wurden bzw. noch
offen sind. Statt per Telefon, Fax oder
E-Mail wie bisher können Kunden jetzt
in dem Kontraktportal alle Informatio-
nen über ihre bestehenden Verträge ein-
sehen undAbrufe flexibel zu jeder Tages-
und Nachtzeit auslösen. »
FOTOS: KLÖCKNER & CO.
Innovative Denkweisen: CEO Gisbert Rühl treibt die Digitalisierung in Berlin voran, wo eine Plattform für den Stahlhandel modulartig entwickelt wird
ökonomie funktioniert nach dem Win-
ner-takes-it-all-Prinzip – auch für den
Stahlhandel wird sich voraussichtlich nur
eine offene Plattform durchsetzen. Des-
halbwerdenwir zukünftig unserenWett-
bewerbern anbieten, ihre Produkte über
unser Portal zu vertreiben“, erläutert Gis-
bert Rühl, CEO von Klöckner & Co.
Um die Digitalisierung voranzutrei-
ben, gründete Klöckner zunächst eine In-
novationsgruppe im eigenen Unterneh-
men. Schnell wurde klar, dass man in
Duisburg zu sehr in alten Strukturen ge-
fangen war. Deshalb entschied sich das
Unternehmen, die Digitalisierung außer-
halb der Konzernzentrale voranzutrei-
ben. Dafür zogen einige Mitarbeiter in
den Co-Working-Space des Betahauses
in Kreuzberg. Im Januar 2015wurde dann