UNTERNEHMEN & MÄRKTE
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BERLINER WIRTSCHAFT 12/16
Mehr als nur
ein Bauherr
Mit seinem Sinn für Planung, Wirtschaft und Ästhetik setzte
Georg Haberland, Direktor der Berlinischen Boden-Gesellschaft,
Akzente im Stadtbild
»
Von Prof. Klaus Dettmer (BBWA)
Baukunst der Berlinischen
Boden-Gesellschaft: Das Karstadt-
Kaufhaus am Hermannplatz
entstand zwischen 1927 und 1929
A
ls Sohn des Wittstocker Fa-
brikanten Salomon Haber-
land erhielt Georg Haber-
land, geboren
1861, eine vorzügliche Aus-
bildung, zu der ein beruf-
licher Aufenthalt im engli-
schen Bradford genauso ge-
hörte wie Reisen durch ganz
Europa. Sein Vater siedelte
1880 nach Berlin über und
kaufte Grundstücke, parzel-
lierte diese und vergab Bau-
kredite. 1890 gründete Ha-
berland sen. mit Arthur Booth die Berli-
nische Boden-Gesellschaft, in der Georg
das Amt eines Direktors übernahm.
habenden Bürgertums nach hochwerti-
gemWohnraum, den die Haberlandschen
Projekte erfüllen konnten.
In Schöneberg erwarb der Unterneh-
mer Grundstücke, die durchVerkehrsan-
schluss und Infrastruktur baureif wurden.
Dort schuf Haberland das Bayrische Vier-
tel, für das der Unternehmer die Funktion
des Stadtplaners übernahm. Er sorgte für
Baugestaltung, ließ die Innenhöfe frei und
setzte mit Schmuckplätzen städtebauli-
che Akzentewie amViktoria-Luise-Platz
durch den Gartenarchitekten Fritz Encke
oder im Rheingauviertel am Rüdeshei-
mer Platz. Durch gleichzeitige Gewäh-
rung von Baukrediten beugte die Berli-
nische Boden-Gesellschaft dem zeitge-
nössischen Bauschwindel vor.
Als Vertreter der Freisinnigen – der
damaligen Liberalen – war Haberland
lange Jahre Mitglied der Stadtverord-
netenversammlung in Berlin, der Steu-
erschätzungskommission und der Ge-
meindeversammlung von Wilmersdorf.
Er spendete für das Obdachlosenasyl, für
Kinderheime und Volksküchen für Kin-
der in Schöneberg und Wilmersdorf und
für den Lette-Verein. 1907 erhielt er den
Titel eines Kommerzienrates, einen Eh-
rentitel, der im Deutschen Reich an Per-
sönlichkeiten der Wirtschaft verliehen
wurde.
Nach dem Ersten Weltkrieg baute
die Berlinische Boden-Gesellschaft Zep-
pelinhallen und für Daimler das Moto-
renwerk in Marienfelde. In der Weima-
rer Zeit realisierte das Unternehmen die
Großsiedlung Britz, die Bauten am Brei-
tenbachplatz, das Karstadt-Kaufhaus am
Hermannplatz, das Druckhaus Tempel-
hof – das „Ullsteinhaus“ –, das Großki-
no Lichtburg am Gesundbrunnen und
das St-Josefs-Krankenhaus in Tempelhof.
Haberland, der als Jude ins Zielkreuz der
nationalsozialistischenVerfolgung geriet,
starb 1933 in Florenz, sein Sohn Kurt 1942
im KZ Mauthausen.
So entstand eine der erfolgreichsten Ter-
raingesellschaften, die nicht nur Bauland
erschloss, sondern auchWohnideen kon-
zipierte. Erfahrungen sam-
melte der junge Haberland
unter anderem bei der Kur-
fürstendamm-Gesellschaft.
Alt-Berlin war mit seiner
Aufnahmekapazität für die
wachsende Bevölkerung an
seine Grenzen gestoßen, doch
erlaubte der Hobrecht‘sche
Bebauungsplan eine maxi-
male Grundstücksnutzung –
die Mietskasernen innerhalb des Stadt-
bahnrings entstanden. Andererseits gab
es den drängenden Wunsch des wohl-
Unternehmer und Stif-
ter: Georg Haberland
UNTERNEHMENSHISTORIE
FOTOS: UNTERNEHMENSARCHIV DER BILFINGER SE, MANNHEIM