UNTERNEHMEN & MÄRKTE
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BERLINER WIRTSCHAFT 12/16
Die Antriebe aus dem Dynamowerk in
der Spandauer Siemensstadt bewegen
Großes: Kreuzfahrtschiffe, Walz- und
Windkraftwerke, Schürfkübelbagger,
Gasverflüssigungsanlagen. Und haben
den Anspruch immer wieder Grenzen zu
sprengen. DasWerk schreibt Berliner In-
genieurs- und Industriegeschichte – und
das nun schon seit 110 Jahren.
Das Dynamowerk ist eins der ältes-
ten Fertigungsgebäude in der Siemens-
stadt, die nach demUnternehmensgrün-
der Werner von Siemens (1816 –1892)
benannt ist. Der Bau der Hallen begann
bereits im Jahr 1906 auf einer Fläche von
160.000 Quadratmetern. In den darauf
folgenden Jahren erweiterte Siemens das
Werk laufend. Nach der Zerstörung im
Zweiten Weltkrieg wurde es größtenteils
wieder aufgebaut, es folgtenweitere Um-
baumaßnahmen. In den Jahren 1985/86
wurde die neue Schweißhalle errichtet.
Zu den bahnbrechenden Innovatio-
nen zählen die erste Mehrzweck-Elek-
trolokomotive E44 aus dem Jahr 1930 und
der acht Jahre später entwickelte Was-
serkraftgenerator mit einer elektrischen
Leistung von über 100 Megawatt. Zu den
jüngsten Entwicklungen gehört einer der
SIEMENS
Volle Kraft voraus – das
Dynamowerk wird 110
größten Hyperkompressor-Antriebe aus
dem Jahr 2013.
Längst hat sich das Dynamowerk, das
heute 800 Mitarbeiter beschäftigt, auch
in Sachen Industrie 4.0 einen Namen
gemacht. Zu den digitalen Services ge-
hört die Vernetzung von Maschinen und
Technikernmit Hilfe der konzerneigenen
Cloud MindSphere. Siemens arbeitet lau-
fend an der Auswertung von Daten sowie
neuen Internetplattformen, die Kunden
die zentrale Steuerung der Antriebe er-
möglichen.
Jede Menge Gründe zum Feiern al-
so. Und so schlug zum Festakt im Mo-
saiksaal der Berliner Siemens-Verwal-
tung sogar eine Delegation aus Russland
auf, um dem Siemens-Konzernvorstand
Klaus Helmrich persönlich zum 110-jäh-
rigen Bestehen zu gratulieren. Der stell-
vertretende Chef des Ölförderkonzerns
Transneft Pavel Revel-Moroz lobte die
Turbinen aus dem Dynamowerk, die seit
Jahren stets zuverlässig Öl durch die Pi-
pelines Ostsibiriens pumpen.
Mit insgesamt 11.500 Beschäftigten in
Entwicklung, Produktion, Vertrieb und
Verwaltung ist Berlin der weltweit größ-
te undwichtigste Siemens-Standort.
‹ BW
So mancher Berliner wird sich noch
erinnern an die große Buchhandlung
am Adenauer Platz, die auf großzü-
gigen 300 Quadratmetern die ganze
Welt des Buches präsentierte. Lange
Zeit residierte hier Herder – bis En-
de 1991 die damalige Geschäftsführe-
rin Hella Wunsch den Schritt in die
Selbstständigkeit wagte und aus der
Herder-Filiale ihr eigenes Unterneh-
men machte: „Wunsch Buch“.
Amazon gab es damals so wenig
wie die Digitalisierung, es gab noch
keine Nutzer, es gab nur Leser. Die
Zeiten waren gut für den Buchhan-
del, undWunsch Buchwar mit seinen
hell und modern gestalteten Räumen
eine gute Adresse für alle, die einen
Sinn für das geschriebene Wort hat-
ten. Der Erfolg blieb nicht aus, Hella
Wunsch beschäftigte 14 Mitarbeiter.
Der Einbruch kam im Frühsom-
mer 2001. Ohne ersichtlichen Grund
blieben die Umsätze aus. Dass Hel-
la Wunsch nicht aufgegeben, son-
dern in kleineremRahmenweiterge-
macht hat, spricht für ihren Pragma-
tismus wie für ihr Buchhändler-Herz.
Nur einige Meter vom alten Standort
entfernt betreibt sie ihren Buchhan-
del auf den 50 Quadratmetern einer
früheren Boutique. Das Sortiment ist
heute kleiner, die Bücher sind so gut
wie vor 25 Jahren.
‹ BIX
WUNSCH BUCH
25 Jahre gute
Literatur
Berliner Industriegeschichte: Mensch und Maschine in der Siemensstadt um 1929
Gute Bücher: Unternehmerin Hella Wunsch
FOTOS: SIEMENS HISTORICAL INSTITUTE, WUNSCH BUCH