BERLINER WIRTSCHAFT 12/16
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UNTERNEHMEN & MÄRKTE
Auf demWeg
nach morgen
Für notwendige Infrastrukturprojekte werden in Berlin zu wenig
Mittel eingeplant und es fehlen die Fachleute. Das muss anders
werden, wenn die Zukunft gelingen soll
»
Von Christian Ostendorf
N
ichts geht mehr. So und
ähnlich ertönte es am2. No-
vember aus den Radios vie-
ler Autofahrer im Berliner
Berufsverkehr. Wegen eines riesigen
Schlaglochs war die Überfahrt zur A115
für fünf Tage voll gesperrt. Zwei fehlen-
de Spuren auf der Stadtautobahn hatten
Mega-Staus zur Folge. Solche Ereignisse
machen erfahrbar - oder eben auch nicht
- dass zu wenig in die Berliner Verkehrs-
infrastruktur investiert wurde. Berlin ist
Schlusslicht beim Anteil öffentlicher In-
vestitionen an den Gesamtausgaben. Die
Investitionsquote lag 2015 bei nur 7,4 Pro-
zent. Die Spitzenreiter Sachsen, Bayern
und Baden-Württemberg kommen auf
16,5 bis 14,6 Prozent.
Insbesondere bei den Investitionen
in die Infrastruktur muss Berlin deut-
lich nachlegen, denn zu den wichtigsten
Faktoren für Wachstum und Beschäfti-
gung gehört die verkehrliche Erreichbar-
keit von Unternehmen und Kunden. Was
muss Berlin also tun, ummit seiner Infra-
struktur weiter erfolgreich zu sein?
Zum einen muss die vorhandene In-
frastruktur saniert und besser instand-
gehalten werden. Vor zehn Jahren stan-
den den Baubehörden von Bezirken und
Senatsverwaltung noch 90,7 Mio. Eu-
ro zur Verfügung. 2015 waren dafür nur
59,4 Mio. Euro eingeplant. Das Problem:
Es ist nicht nur weniger Geld zum Ver-
bauen da, es fehlen auch die Fachleute in
den Planungs- und Bauabteilungen. Ver-
schärfend kommt hinzu, dass in der zu-
ständigen Senatsverwaltung in den kom-
menden fünf Jahren rund 35 Prozent der
Angestellten in den Ruhestand gehen.
Schon bisher gelang es den Bauver-
waltungen nicht, die geplanten Finanz-
mittel auszugeben. Von den veranschlag-
ten rund 60 Mio. Euro für Straßen, Brü-
cken, Radwege und ÖPNV konnten 2015
nur rund 30 Mio. Euro verbaut werden -
eine Quote, die sich in den letzten Jah-
ren eher verschlechtert als verbessert
hat. Das Resultat sieht man heute. Maro-
de Straßen und noch immer teilungsbe-
dingte Engpässe im Straßennetz, die be-
seitigt werdenmüssen. Dazu gehören u.a.
die leistungsfähige Erneuerung der A100
zwischen Dreieck Charlottenburg und
Funkturm, der Neubau der Tangentialen
Verbindung Ost zwischen Biesdorf und
Adlershof, der Neubau der Dresdner Bahn
sowie die B158 Ortsumfahrung Ahrens-
felde. Aber auch die überregionale Anbin-
dung Berlins in Richtung Polen auf der
Schiene und demWasser gehört dazu, ge-
nausowie ein leistungsfähig angebunde-
ner Flughafen BER mit ausreichend Ka-
pazitäten für die Zukunft (s. Karte).
Eine mangelhafte Instandhaltung ist
durch Flickschusterei langfristig nicht
FOTO: PA/DPA
Immer wieder ein ärgerlicher Engpass: die Berliner Stadtautobahn A100 am Dreieck Funkturm
20,9
Stundenkilometer
beträgt laut der letzten Messung von 2013
die Durchschnittsgeschwindigkeit im Berliner Straßenver-
kehr. Dieser Wert wird alle fünf Jahre ermittelt. 2008 lag die
Geschwindigkeit noch bei 23,6 Stundenkilometern