MEINUNG & MACHER
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BERLINER WIRTSCHAFT 12/16
W
eihnachten
rückt lang-
sam näher, und
dem „alten Senat“ läuft die
Zeit davon. Wahrschein-
lich deshalb überrascht er
uns mit einem Zwischenbe-
richt zum Umsetzungskon-
zept der Smart City Strategie
Berlin. Seit Vorlage der Stra-
tegie im April 2015 drängen
die in diesem Bereich agie-
renden Player darauf, ge-
meinsam die Maßnahmen
zu konkretisieren und ihre Umsetzung zu planen. Un-
ser Kompetenzteam Mittelstand hat zum Beispiel eigens
„Handlungsvorschläge für ein smartes Berlin“ erarbeitet
und wirbt mit den Gesichtern der Mitglieder für die damit
verbundenen Forderungen.
Liest man nun in die 30 Seiten des Umsetzungskon-
zeptes (die Strategie hatte 40) hinein, findet sich Fol-
gendes: Das Papier soll offen gestaltet sein und enthält da-
her nur Projekte, die in den nächsten fünf Jahren reali-
sierbar sind. Eine Aktualisierung im Fünf-Jahres-Turnus
- ist das smart? Ziel ist darüber hinaus, verstärkt Förder-
mittel für Smart-City-Projekte einzusammeln. Der Dop-
pelhaushalt 2016/2017 enthält jedoch kein Landesbud-
get für die smarte Stadt. Das Top-Projekt im Bereich der
smarten Wirtschaft ist das Nachnutzungskonzept des
Flughafens Tegel. Ohne Frage wäre der geplante Experi-
mentierraum eine großartige Keimzelle für smarte In-
novationen, aber wer weiß, wann es losgehen kann. Hier
droht Gefahr für unseren ersten Fünfjahresplan!
Vom Flughafen ist der Weg nicht weit zum Touris-
mus, jedoch leider nicht im smarten Berlin. Wie schon in
der Strategie von 2015 ist einer der bedeutendsten und
wachstumsstärksten Wirt-
schaftsbereiche der Stadt
überhaupt nicht erwähnt.
Darüber trösten auch die für
Ende 2016 angekündigten
650 Free-WiFi-Hotspots
nicht hinweg, die längst
überfällig und viel zu wenige
sind. Im Bereich der smarten
Verwaltung darf natürlich
das im Mai verabschiedete
E-Government-Gesetz nicht
fehlen, das dank der Nach-
arbeit der Koalitionäre deut-
lich ambitionierter ausfiel als der ursprüngliche Entwurf.
Ob der „Einheitliche Ansprechpartner“ jedoch als Posi-
tivbeispiel herhalten darf, würden die in der Menge über-
schaubaren bisherigen Nutzer bezweifeln. Die öffentliche
Vergabe soll zwar modernisiert werden, von Ausnahme-
regelungen für smarte neue Lösungen zum Beispiel von
einheimischen Start-ups findet sich jedoch leider nichts
im Konzept.
Bei aller kritischen Betrachtung: Wir freuen uns, dass
es weitergeht und hoffen darauf, dass die relevanten Play-
er ihre Kräfte konstruktiv bündeln, damit Berlin nicht
Smart-City-Vorbildern hinterherläuft, sondern irgend-
wann selbst eins wird. Wer im Rahmen des Kompe-
tenzteams Mittelstand mitdiskutieren und sich einbringen
möchte, ist herzlich eingeladen.
Kontakt:
www.ihk-berlin.de/kompetenzteamDer „alte Senat“ legt Zwischenbericht zur
Umsetzung der Smart City Strategie Berlin
vor und lässt leider viele Fragen offen
Die Hauptstadt
– endlich smart?
MITTELSTANDSKOLUMNE
SEBASTIAN STIETZEL
ist Managing Partner der Marktflagge GmbH Interim
Management Investments sowie Vorsitzender des
Kompetenzteams Mittelstand der IHK Berlin
Nein, nicht in Berlin. Auch nicht in an-
deren deutschen Städten. Dann wäre die
Magie dahin.Wenn der Ausbau des Scho-
koladenhauses abgeschlossen ist, dann
soll es tatsächlich als Blaupause für wei-
tere – aber internationale – Standorte
dienen. Bis 2021 wollen wir in zehn Län-
dern online und stationär präsent sein.
Stand für Sie immer fest, dass Sie das Unter-
nehmen einmal übernehmen werden?
Nein, auch wenn ich der einzige Nach-
komme bin, habenmeine Elternmich nie
in diese Rolle hineingezwängt. Ich habe
mir selbst die Frage gestellt, ob ich wirk-
lich ein Unternehmen mit 500 Mitarbei-
tern leiten möchte. Dazu bin ich den 560
Kilometer langen Jakobsweg entlang ge-
wandert – bei 35 Grad im Schatten. Da-
nach stand fest: Ich mache es.
Was war ausschlaggebend?
Wichtig war, dass mein Vater die Tür für
mich weit aufgemacht hat. Ich habe hier
alle Chancen. Schokolade ist ein Wahn-
sinns-Produkt. Ich habe viele Ideen und
kann die zu einem Big Picture verknüp-
fen. Unsere Branche ist nicht sehr inno-
vativ, wir sind darin ein Pionier. Das heißt
nicht zwangsläufig, dass wir gewinnen,
oft wird der First Mover ja noch überholt.
Aber das wird uns nicht passieren.
FOTO: AMIN AKHTAR