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MEINUNG & MACHER

23

BERLINER WIRTSCHAFT 12/16

B

ei Rausch hat der Generati-

onswechsel mit einem Pau-

kenschlag begonnen. Der

neue Chef Robert Rausch hat

mit seinemVater Jürgen beschlossen, die

Marke Rausch nicht mehr über die Su-

permärkte zu vertreiben. Jetzt stehen der

Onlineshop und das Schokoladenhaus

amGendarmenmarkt imMittelpunkt der

Wachstumsstrategie.

Berliner Wirtschaft:

Auf Ihren Planta-

gen-Schokoladen sind das Herkunftsland

der Kakaobohnen sowie der Kakaoanteil an-

gegeben.Welche Sorte essen Sie am liebsten?

Robert Rausch:

Peru 60 Prozent bei

Edel-Bitter-Schokolade und Venezuela

43 Prozent bei Edel-Vollmilch. Im Mo-

ment jedenfalls. Derzeit arbeiten wir

mit einer neuen Charge Kakaobohnen

aus Costa Rica. Dieser Kakao ist sensa-

tionell. Daraus werden wir eine fantasti-

sche Schokolade machen.

Woran ist denn eigentlich eine fantastische

Schokolade zu erkennen?

Beißen Sie mal in Trinidad 80 Prozent

… hören Sie? Es knackt. Das ist der be-

rühmte Rausch-Knack. Das liegt daran,

dass wir echte Kakaobutter verwenden.

Auch an der glatten Bruchkante, die Sie

jetzt sehen, erkennen Sie die Qualität. Ei-

ne gute Schokolade schmilzt zudem auf

der Zunge und ist nicht klebrig. Unsere

Edel-Bitter-Schokolade hat übrigens nur

drei Bestandteile: Kakaobutter, Kakao-

masse und Rohrzucker, mehr nicht.

Sie haben im Herbst 2015, in ihrem ersten

Jahr als Geschäftsführer, gleich für einen

Paukenschlag gesorgt und entschieden, aus

den Supermärkten zu gehen. Warumwollen

Sie Ihre Schokolade nicht mehr über die Su-

permärkte verkaufen?

Es hat mich sehr gestört, wie unsereWare

in den Regalen präsentiert wurde. Unse-

re Produkte lagen dort zwischen Frucht-

gummis und Schokoriegeln. Aber unsere

Schokolade ist keine Süßigkeit. Rausch-

Plantagen-Schokolade kann nicht mitten

im Süßwarenregal liegen. Aber das war

den Händlern nicht zu vermitteln.

So einfach ist das ja auch nicht zu verstehen.

Vermutlich halten die meisten Verbraucher

Schokolade für eine Süßigkeit.

Richtig. Die meisten Verbraucher wis-

sen nicht sehr viel über Schokolade und

Kakao. Wir müssen unterscheiden zwi-

schen Konsumkakao und Edelkakao. Et-

wa 90 Prozent der weltweiten Ernte ent-

fallen auf Konsumkakao. Diese Kakao-

bohnen kommen meist aus Afrika und

werden in Monokulturen angebaut. Sie

sind so kultiviert worden, dass sie heu-

te besonders ertragsstark sind. Edelka-

kaowächst dagegen nur in einem schma-

len Streifen rund um den Äquator. Er ist

deutlich teurer, kann bis zu 400 Aromen

haben. Das ist fast wie beimWein. Unter-

schiedliche Plantagen produzieren Boh-

nen mit ganz unterschiedlichen Aromen.

Ist der Ausfall der Supermarkt-Umsätze

denn unternehmerisch zu verantworten?

Wir haben auf viel Umsatz verzichtet.

Aber gleichzeitig sind wir ertragsstär-

ker geworden. In dem Jahr, in dem wir

die Supermärkte verlassen haben, ist der

Umsatz zudem um 20 Prozent gestiegen.

Wir haben auch betriebswirtschaftlich ei-

ne konsequente und richtige Entschei-

dung getroffen.

Sie vertreiben die Marke Rausch jetzt über

den eigenen Onlineshop. Können Sie damit

schon die Supermarkt-Umsätze kompensie-

ren?

Nein, wir haben noch nicht alles aufge-

holt. Aber der Umsatz in unserem On-

line-Geschäft wächst kräftig, zuletzt um

400 Prozent im Jahr. Die Zahl der Pake-

te, die wir jährlich verschicken, liegt im

mittleren fünfstelligen Bereich. Unsere

Online-Kunden geben im Durchschnitt

50 bis 70 Euro pro Einkauf aus. Das ist

der Unterschied zum stationären Handel.

Kaum jemand geht in den Supermarkt,

um Schokolade zu kaufen. Der Kunde

kauft dort für den täglichen Lebensbe-

darf ein und nimmt am Ende vielleicht

auch noch ein bisschen Schokolade für

höchstens fünf Euro mit.

Ist also das Geschäft in den Supermärkten

überschätzt worden?

Wir machen in unserem Schokoladen-

haus am Gendarmenmarkt mehr Um-

satz als früher in allen Berliner Super-

märkten zusammen. Aber – und das ist

mir sehr wichtig: Bei uns steht der Um-

satz nicht an erster Stelle. Wir wollen,

dass Rausch eine starke Marke bleibt.

Und starke Marken haben starke Regeln.

Allein auf den Umsatz zu setzen, wäre der

falsche Weg.

Dennoch: Wie wollen Sie die Umsätze aus

den Supermärkten kompensieren?

Wir wollen ein modernes Omni-Chan-

nel-Geschäft aufbauen undwir können »

Mit einer Konditorei fing 1890 alles an. In fünfter Generation führt

nun Robert Rausch das traditionsreiche Familienunternehmen –

und beginnt mit der Digitalisierung von Rausch

»

Von Michael Gneuss

„Schokolade ist

keine Süßigkeit“

INTERVIEW DES MONATS

400

Prozent Umsatzwachstum

konnte Rausch zuletzt im eigenen

Onlineshop erzielen. Im Durchschnitt geben Online-Kunden 50

bis 70 Euro pro Einkauf aus. In Zukunft will das Unternehmen

auch in anderen Ländern ein Online-Geschäft aufbauen

FOTO: CHRISTIAN KIELMANN