BERLINER WIRTSCHAFT 11/16
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MEINUNG & MACHER
Zum Beispiel?
Zum Beispiel haben wir 2014 ein Me-
dikament zur Behandlung von chro-
nisch-entzündlichen Darmerkrankun-
gen eingeführt. Am 1. Juli haben wir eine
Facebook-Seite eröffnet, auf der Betroffe-
ne praktische Tipps bekommen und sich
untereinander austauschen können. In
der Pharmaindustrie gibt es schon we-
gen der strengen gesetzlichen Regeln für
die Kommunikation erst sehrwenige, die
sich so etwas trauen. Wir machen es ein-
fach und die Erfahrungen sind gut: Wir
treffen offenbar einen Nerv, haben jetzt
schon über 1.600 Likes, und es kommt ein
reger Dialog in Gang.
Eigentlich ist eine Facebook-Seite noch kei-
ne große Innovation.
In dieser Branche aber eben auch noch
nicht selbstverständlich. Und wir arbei-
ten natürlich auch an ganz anderen Ser-
vices und versuchen die weitere Ent-
wicklung mitzugestalten. So sind wir
etwa in einer Arbeitsgruppe des Verban-
des der forschenden Arzneimittelher-
steller dabei, die sich mit der Digitalisie-
rung im Gesundheitswesen beschäftigt.
Da bewegt sich wirklich etwas. Im ver-
gangenen Jahr sind sechs Milliarden Dol-
lar weltweit in E-Health, also den digita-
len Gesundheitsbereich, investiert wor-
den, doppelt so viel wie 2014.
Aber wer investiert so viel Geld in das The-
ma E-Health?
Das ist ein kritischer Punkt. Google, Face-
book, Apple und Co. sind diejenigen, die
zuerst die Chance erkannt haben, in die-
sem Feld einen Datenschatz zu generie-
ren und zu nutzen. Von den bislang ent-
wickelten Gesundheits-Apps zum Bei-
spiel kommen nur 20 Prozent aus der
Gesundheitsindustrie, 80 Prozent aus der
Digitalbranche. Die Pharmaunterneh-
men erkennen aber auch zunehmend die
Möglichkeiten, etwa bei der Erforschung,
Entwicklung und Erprobung neuer Me-
dikamente. Ein Trend geht ja in Rich-
tung individualisierte Medizin – dafür
ist die Datengrundlage extrem wichtig.
Das Erfassen von Gesundheitszuständen
in Echtzeit ermöglicht ganz neue Thera-
piekonzepte.
Wir produzieren dort 148 verschiedene
Medikamente in 960 Varianten, insge-
samt sieben Milliarden Kapseln und Ta-
bletten im Jahr.
Wird mit dem Kapazitätsaufbau auch die
Zahl der Beschäftigten steigen?
Wir können mit dem Ausbau die Pro-
duktionsmenge auf bis zu zehn Milliar-
den Kapseln und Tabletten pro Jahr stei-
gern. Es sind 100 Millionen Euro in den
Ausbau des Standortes investiertworden,
der insgesamt 180 neueArbeitsplätze mit
sich bringt.
Warumhaben Sie inBerlinkeine Forschung?
Als forschendes Pharmaunternehmen
wollen wir Innovationen hervorbringen,
die den Patienten wirklich helfen – und
zwar in Therapiegebieten, in denen ein
besonders großer medizinischer Bedarf
besteht. Dafür hat Takeda ausgezeichne-
te eigene Forschungszentren, vor allem
in Japan und den USA. Berlin spielt für
uns aber auch eine wichtige Rolle, denn
hier sitzen viele Ärzte und Kliniken,
die an unseren klinischen Studien zur
Erprobung neuer Spezialpräparate teil-
nehmen.
Aber es gibt ja auch nicht nur die Digitalisie-
rung. Die Kapazitäten in IhremWerk inOra-
nienburg haben Sie ausgeweitet. Warum?
Takeda entwickelt sich positiv, in
Deutschland und weltweit. In unserem
globalen Produktionsnetzwerk spielt
der Standort Oranienburg eine beson-
ders wichtige Rolle als Kompetenzzen-
trum für die Herstellung von festen Arz-
neiformen, also Kapseln und Tabletten.
Wir sehen in der
Digitalisierung die große
Chance, Patienten
rund um die Präparate
zielgerichtete Services
zu bieten.
GÜNTER KLOUCEK
Geschäftsführer
Takeda Pharma Vertrieb GmbH & Co KG
Günter Kloucek arbeitet seit 2007 für den japanischen Takeda-Konzern
FOTO: CHRISTIAN KIELMANN




