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MEINUNG & MACHER

23

BERLINER WIRTSCHAFT 11/16

D

er Österreicher Günter

Kloucek ist seit einem

knappen Jahr an der Spitze

der Takeda Pharma Vertrieb

GmbH. Seine neue Heimat hat er schnell

ins Herz geschlossen. Das liegt nicht nur

an der Lebensqualität in der Stadt, son-

dern auch am guten Zugang zu talentier-

ten Mitarbeitern und zahlreichen Bran-

chen-Kontakten, die er in Berlin findet.

Berliner Wirtschaft:

Takeda hat 2012 die

Deutschland-Zentrale von Aachen nach

Berlin verlegt. Was rechtfertigt aus heutiger

Sicht für Sie diese Entscheidung?

Günter Kloucek:

Das war ganz sicher die

richtige Entscheidung. Wir sind aus Aa-

chen und Konstanz gekommen und ha-

ben in Berlin die Deutschland-Zentrale

zusammengelegt. Wir sind damit an ei-

nen exzellenten Gesundheitsstandort ge-

kommen und haben hier jetzt die Nähe

zu vielen wichtigen Stakeholdern – die

Regierung, Gesundheitsbehörden, Ver-

bände, Forschungseinrichtungen. Vieles

ist von unserem Standort aus – in der

Nähe des Gendarmenmarktes – zu Fuß

zu erreichen. Der zweite Punkt, den wir

sehr positiv spüren: Berlin hat sehr gut

ausgebildete heimische Talente.

Finden Sie genug Fachkräfte oder gibt es

Engpässe in einzelnen Berufen?

Grundsätzlich haben wir keinen Fach-

kräfte-Mangel.Weder hier in der Zentra-

le, wo wir rund 250 Mitarbeiter beschäf-

tigen, noch in unseremWerk in Oranien-

burg. Mit 760 Mitarbeitern sind wir dort

ein sehr wichtiger und geschätzter Ar-

beitgeber. Bestes Indiz: Auf einen Aus-

bildungsplatz bekommenwir 20 Bewer-

bungen - ich glaube, das ist in der heuti-

gen Zeit nicht schlecht. Aber wir spüren

natürlich auch, dass es bestimmte Funk-

tionen gibt, für die das Angebot auf dem

Arbeitsmarkt etwas dünner ist.

Von welchen Funktionen sprechen Sie?

Da geht es um bestimmte Spezialisten.

Zum Beispiel beschäftigen wir uns im

Moment sehr intensiv mit der Digitali-

sierung im Gesundheitswesen. Was ent-

sprechende Experten angeht, so sind

gute Leute rar gesät. Aber auch in die-

ser Hinsicht hat Berlin ja einen Standort-

vorteil mit seiner extrem starken Start-

up-Szene – auch im E-Health-Bereich.

Haben Sie Kontakte zur Start-up-Szene?

Ja, das ist ein zunehmend wichtiger Be-

standteil unserer Unternehmensstra-

tegie. Wir haben verschiedene Ansät-

ze – zum Beispiel kooperieren wir mit

der Factory in der Rheinsberger Stra-

ße. Dort gibt es für uns hervorragende

Gelegenheiten zum Austausch mit Di-

gital-Spezialisten. So können wir neue

Ideen gemeinsam entwickeln und un-

sere eigenen Aktivitäten und Strategien

zur Diskussion stellen und dazu Feed-

back erhalten.

Welche Ziele verfolgen Sie als Pharmaher-

steller in puncto Digitalisierung?

Die Auswirkungen der Digitalisierung

im Gesundheitswesen sind sehr vielfäl-

tig. Das hat damit zu tun, dass Patienten

einen sehr viel besseren Zugang zu Infor-

mationen haben. Das Googlen von Diag-

nosen ist ja inzwischen schon Standard.

Sie nutzen das Internet und soziale Me-

dien zunehmend auch, um sich mit an-

deren Betroffenen auszutauschen. Au-

ßerdem: Die Digitalisierung erlaubt eine

Erfassung und Evaluierung von Sympto-

men, wie man sie bisher nicht gekannt

hat, zum Beispiel über die sogenannten

‚Wearables‘ wie Fitnessarmbänder. Mitt-

lerweile kann man mehr als 100 Körper-

signale digital erfassen.

Was lässt sich damit anfangen?

Es gibt ganz unterschiedliche Nutzungs-

möglichkeiten. So können zum Beispiel

bestimmte Erkrankungen digital er-

kannt und Therapien digital betreut wer-

den. Der Patient kriegt einen lückenlosen

Zustandsbefund, den auch der Arzt ver-

wenden kann. Auch in klinischen Stu-

dien zur Erprobung von Medikamenten

können so erhobene Daten zumZustand

der Patienten Eingang finden. Vor allem

im ländlichen Bereich ist die Digitalisie-

rung außerdem für die Kommunikati-

on zwischen Arzt und Patient eine gro-

ße Chance, zum Beispiel mit der ‚digita-

len Konsultation‘.

Aber Sie werden immer noch Tabletten ver-

kaufen, E-Pillenwird es jawohl nicht geben.

Nun, die ersten Apps auf Rezept gibt es

bereits … aber Sie haben Recht, Medika-

mente behalten ihre Rolle. Als Unterneh-

men, das den Patienten bei allen Ent-

scheidungen in den Mittelpunkt stellt,

sehen wir in der Digitalisierung die gro-

ße Chance, ihm rund um die Präparate

zielgerichtete Services und damit einen

echten Mehrwert zu bieten. »

Der Pharmakonzern Takeda hat seine Deutschland-Zentrale seit

2012 in Berlin. Geschäftsführer Günter Kloucek inspirieren vor allem

die Kontakte zur Digitalszene.

»

Von Michael Gneuss

„Die ersten Apps

auf Rezept

gibt es bereits“

INTERVIEW DES MONATS

Günter Kloucek ist seit Januar

2016 Geschäftsführer der Takeda

Pharma Vertrieb GmbH & Co.

KG in Berlin. In Wien hat Kloucek

ein Studium der Handelswissen-

schaften abgeschlossen

FOTO: CHRISTIAN KIELMANN