MEINUNG & MACHER
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BERLINER WIRTSCHAFT 11/16
D
er Österreicher Günter
Kloucek ist seit einem
knappen Jahr an der Spitze
der Takeda Pharma Vertrieb
GmbH. Seine neue Heimat hat er schnell
ins Herz geschlossen. Das liegt nicht nur
an der Lebensqualität in der Stadt, son-
dern auch am guten Zugang zu talentier-
ten Mitarbeitern und zahlreichen Bran-
chen-Kontakten, die er in Berlin findet.
Berliner Wirtschaft:
Takeda hat 2012 die
Deutschland-Zentrale von Aachen nach
Berlin verlegt. Was rechtfertigt aus heutiger
Sicht für Sie diese Entscheidung?
Günter Kloucek:
Das war ganz sicher die
richtige Entscheidung. Wir sind aus Aa-
chen und Konstanz gekommen und ha-
ben in Berlin die Deutschland-Zentrale
zusammengelegt. Wir sind damit an ei-
nen exzellenten Gesundheitsstandort ge-
kommen und haben hier jetzt die Nähe
zu vielen wichtigen Stakeholdern – die
Regierung, Gesundheitsbehörden, Ver-
bände, Forschungseinrichtungen. Vieles
ist von unserem Standort aus – in der
Nähe des Gendarmenmarktes – zu Fuß
zu erreichen. Der zweite Punkt, den wir
sehr positiv spüren: Berlin hat sehr gut
ausgebildete heimische Talente.
Finden Sie genug Fachkräfte oder gibt es
Engpässe in einzelnen Berufen?
Grundsätzlich haben wir keinen Fach-
kräfte-Mangel.Weder hier in der Zentra-
le, wo wir rund 250 Mitarbeiter beschäf-
tigen, noch in unseremWerk in Oranien-
burg. Mit 760 Mitarbeitern sind wir dort
ein sehr wichtiger und geschätzter Ar-
beitgeber. Bestes Indiz: Auf einen Aus-
bildungsplatz bekommenwir 20 Bewer-
bungen - ich glaube, das ist in der heuti-
gen Zeit nicht schlecht. Aber wir spüren
natürlich auch, dass es bestimmte Funk-
tionen gibt, für die das Angebot auf dem
Arbeitsmarkt etwas dünner ist.
Von welchen Funktionen sprechen Sie?
Da geht es um bestimmte Spezialisten.
Zum Beispiel beschäftigen wir uns im
Moment sehr intensiv mit der Digitali-
sierung im Gesundheitswesen. Was ent-
sprechende Experten angeht, so sind
gute Leute rar gesät. Aber auch in die-
ser Hinsicht hat Berlin ja einen Standort-
vorteil mit seiner extrem starken Start-
up-Szene – auch im E-Health-Bereich.
Haben Sie Kontakte zur Start-up-Szene?
Ja, das ist ein zunehmend wichtiger Be-
standteil unserer Unternehmensstra-
tegie. Wir haben verschiedene Ansät-
ze – zum Beispiel kooperieren wir mit
der Factory in der Rheinsberger Stra-
ße. Dort gibt es für uns hervorragende
Gelegenheiten zum Austausch mit Di-
gital-Spezialisten. So können wir neue
Ideen gemeinsam entwickeln und un-
sere eigenen Aktivitäten und Strategien
zur Diskussion stellen und dazu Feed-
back erhalten.
Welche Ziele verfolgen Sie als Pharmaher-
steller in puncto Digitalisierung?
Die Auswirkungen der Digitalisierung
im Gesundheitswesen sind sehr vielfäl-
tig. Das hat damit zu tun, dass Patienten
einen sehr viel besseren Zugang zu Infor-
mationen haben. Das Googlen von Diag-
nosen ist ja inzwischen schon Standard.
Sie nutzen das Internet und soziale Me-
dien zunehmend auch, um sich mit an-
deren Betroffenen auszutauschen. Au-
ßerdem: Die Digitalisierung erlaubt eine
Erfassung und Evaluierung von Sympto-
men, wie man sie bisher nicht gekannt
hat, zum Beispiel über die sogenannten
‚Wearables‘ wie Fitnessarmbänder. Mitt-
lerweile kann man mehr als 100 Körper-
signale digital erfassen.
Was lässt sich damit anfangen?
Es gibt ganz unterschiedliche Nutzungs-
möglichkeiten. So können zum Beispiel
bestimmte Erkrankungen digital er-
kannt und Therapien digital betreut wer-
den. Der Patient kriegt einen lückenlosen
Zustandsbefund, den auch der Arzt ver-
wenden kann. Auch in klinischen Stu-
dien zur Erprobung von Medikamenten
können so erhobene Daten zumZustand
der Patienten Eingang finden. Vor allem
im ländlichen Bereich ist die Digitalisie-
rung außerdem für die Kommunikati-
on zwischen Arzt und Patient eine gro-
ße Chance, zum Beispiel mit der ‚digita-
len Konsultation‘.
Aber Sie werden immer noch Tabletten ver-
kaufen, E-Pillenwird es jawohl nicht geben.
Nun, die ersten Apps auf Rezept gibt es
bereits … aber Sie haben Recht, Medika-
mente behalten ihre Rolle. Als Unterneh-
men, das den Patienten bei allen Ent-
scheidungen in den Mittelpunkt stellt,
sehen wir in der Digitalisierung die gro-
ße Chance, ihm rund um die Präparate
zielgerichtete Services und damit einen
echten Mehrwert zu bieten. »
Der Pharmakonzern Takeda hat seine Deutschland-Zentrale seit
2012 in Berlin. Geschäftsführer Günter Kloucek inspirieren vor allem
die Kontakte zur Digitalszene.
»
Von Michael Gneuss
„Die ersten Apps
auf Rezept
gibt es bereits“
INTERVIEW DES MONATS
Günter Kloucek ist seit Januar
2016 Geschäftsführer der Takeda
Pharma Vertrieb GmbH & Co.
KG in Berlin. In Wien hat Kloucek
ein Studium der Handelswissen-
schaften abgeschlossen
FOTO: CHRISTIAN KIELMANN




