BERLINER WIRTSCHAFT 06/17
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UNTERNEHMEN & MÄRKTE
Goldene Zeiten für
schweres Metall
Der Unternehmer August Druckenmüller fing mit einem Lager
für Eisenträger an und wurde zu einem der großen Stahlbauer
Berlins
»
Von Prof. Klaus Dettmer (BBWA)
Druckenmüllers Maschinenhalle
im Jahr 1896. Das war 25 Jahre,
bevor das Unternehmen 1921
vollständig in den Besitz von
Krupp überging
K
rupp und Druckenmüller –
zwei Namen, die in Berlin
sechzig Jahre lang mitein-
ander verwo-
ben waren: als Krupp-Dru-
ckenmüller GmbH. 1911 ging
der Berliner Stahlbauer Dru-
ckenmüller teilweise und
1921 vollständig in den Be-
sitz von Krupp über. Erst im
Frühjahr 1971 verschwand
der Namensteil „Drucken-
müller“.
Begonnen hatte die Ge-
schichte im Jahr 1865. August Drucken-
müller (1840-1896) gründete ein Lager für
Ringbahn. Die Bahnhöfe erwiesen sich als
zu klein undwurden durch große Hallen-
bauten ersetzt – den Kathedralen des In-
dustriezeitalters. Von 1874 bis 1882 ent-
standen mehr als 400 Viaduktbögen und
über 50 Brücken – und das Unterneh-
men wurde zu einem der wenigen gro-
ßen Stahlbauer in der Reichshauptstadt.
In der zweiten Phase des Eisenbahn-
baus gründete Druckenmüller mit dem
Unternehmer Pfeiffer eine Fabrik für
Wellbleche, für deren Herstellung er die
Maschinen entwarf und patentieren ließ.
Wellbleche waren wegen ihrer Steifheit
und Tragfähigkeit ein vielseitig verwend-
bares Baumaterial, ob als Unterlage für die
Beschotterung eiserner Eisenbahnbrü-
cken, als Dachdeckung oder Rollläden.
Hierfür boten beide Firmen von Drucken-
müller Material wie Konstruktionspläne
– es entstanden u. a. der Bellevuesteig
in Tiergarten, die Langenscheidtbrücke
in Schöneberg und der Erweiterungsbau
der Zentralmarkthalle amAlexanderplatz.
Für den Neubau des Berliner Doms
lieferte die Firma das Stahlskelett mit ei-
nem Gewicht von 180 Tonnen. Als 1891
das Firmengelände von Pfeiffer und
Druckenmüller am Schöneberger Ufer
für den Bau der Eisenbahndirektion be-
nötigt wurde, zog das Unternehmen an
die Ringbahn zwischen Goten- und Nau-
mannstraße und an den Tempelhofer
Weg. 1907 folgte der Umzug an die Gott-
lieb-Dunkel-Straße am Teltowkanal.
Während des Ersten Weltkriegs er-
hielt Druckenmüller den Auftrag zum
Bau von 16 Flugzeughallen. In der Zeit
des Nationalsozialismus baute man für
kriegswichtige Einsätze unter Einsatz von
Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern.
Ein Bauwerk ist nach demUnterneh-
mer benannt: Die August-Drucken
müller-Brücke führt über den Berliner
Stadtring.
schmiedeeiserne Träger aus der Produk-
tion des Aachener Hütten-Aktien-Ver-
eins. Er übernahm auch die Vertretung
rheinischer und lothringi-
scher Hütten und erweiter-
te sein Angebot um Stabei-
sen und Façonbleche, auch
Eisenkonstruktionen gehör-
ten zum Portfolio. In jenen
Jahren ging in Berlin die ers-
te Phase des Eisenbahnbaus
zu Ende. Bereits seit 1851 wa-
ren fünf Kopfbahnhöfe durch
eine Bahn miteinander ver-
bunden. Militärischewie verkehrstechni-
sche Gründe führten ab 1871 zumBau der
UNTERNEHMENSHISTORIE
Stahlbauer: August
Druckenmüller
FOTOS: BBWA




