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BERLINER WIRTSCHAFT 06/17

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TITELTHEMA

INTERVIEW

Berliner Wirtschaft:

Herr Purkarthofer, im Bereich

der Paket- und Expresslogistik ist vieles in Bewegung.

Wie geht es in der Branche auf der letztenMeileweiter?

Lars Purkarthofer:

Für die Zukunft lassen sich

drei verschiedene Ebenen identifizieren. Die erste

betrifft die betriebliche Optimierung, an der alle

Unternehmen rege arbeiten. Die zweite ist die di-

rekte Interaktion mit demKunden im Sinne ver-

lässlicher und effizienter Prozesse. Als dritte Ebe-

ne gibt es die Abstimmung mit lokalen Behörden.

Blickenwir zunächst auf die betriebliche Optimierung!

Auf dieser Ebene können Sie eine Vielzahl neu-

er Strategien erleben. Es gibt vieles, was im Test

ist. In der Großstadt ist das sicherlich nicht die

Drohne, im Einzelfall vielleicht die unbemannte

Zustellung. Insgesamt werden wir künftig mehr

Fahrräder sehen und einen Anstieg fußläufiger

Belieferung ausgehend von zentralen Orten in

einzelnen Stadtbezirken. Im klassischen Fuhr-

parkmanagement beschäftigen wir uns darüber

hinaus mit innovativen Lösungen bei der Rou-

tendisposition oder alternativenAntriebsformen.

Wie steht es denn um den Einsatz elektrisch betriebe-

ner Fahrzeuge bei der täglichen Zustellung?

Der Wille für einen Umstieg ist auf jeden Fall da.

Aber es gibt bislang kaum entwickelte Lösungen

für die Unternehmen in diesem Bereich, zeitnah

diese neuen Technologien auch in den Fuhrpark

zu integrieren. Dabei besteht für Elektrofahrzeu-

ge in unserer Branche ein prädestiniertes Einsatz-

feld. Die Fahrzeuge haben überschaubare tägliche

Laufleistungen und legen bekannte Strecken zu-

rück. Es ist also sehr planbar vom Geschäft her.

Das gilt ebenso für die Hersteller dieser Fahrzeu-

ge. Denn sie haben dadurch die griffige Möglich-

keit, Informationen auch zurückzuspielen sowie

Lars Purkarthofer

Vorstandsmitglied des

Bundesverbandes

Paket und Express-

logistik (BIEK)

Logistik-Experte Lars Purkarthofer über die Zunahme

nicht-motorisierter Lieferungen und fehlende

Fahrzeuge für einen Umstieg auf Elektroantriebe

„Wir werden mehr

Fahrräder sehen“

bis entsprechende Fahrzeuge im Markt ver-

fügbar sind. „Bis zum Ziel eines ,klimaneut-

ralenVerkehrs‘ 2050werden in Fahrzeugflot-

tenmindestens Hybridantriebemit Verbren-

nungsmotoren noch imEinsatz sein“, schätzt

der Leiter Logistik bei der Berliner Hafen-

und Lagerhausgesellschaft mbH (Behala). „Je

nachAkku-Kapazität können dann Kurzstre-

cken in besonders sensiblen Gebieten ohne

den Einsatz von Verbrennungsmotoren ge-

fahren werden.“ Die Behala schaut nicht nur

bei diesem Thema weit voraus. Das Berliner

Unternehmen zeigt auch immer wieder, wie

sich innovative Ansätze im Bereich einer

nachhaltigen City-Logistik bestens in denAll-

tag von Unternehmen integrieren lassen und

dabei umweltpolitische Ziele unterstützen.

So hat die Behala zum Beispiel den bislang

größten Elektro-Lkw mit Straßenzulassung

im Rahmen des Forschungsprojekts KV-E-

Chain getestet. „Für den Werk- und Termi-

nalverkehr sind diese Fahrzeuge hervorra-

gend geeignet und ersetzen zu 100 Prozent

die konventionellen Dieselfahrzeuge“, freut

sich Lichtfuß. Für den Einsatz im Stadtver-

kehr sei allerdings ein wirtschaftlicher Be-

trieb noch nicht darstellbar.

Insgesamt eröffnen auch neue Konzepte

bei der Verteilung vonWaren und Gütern im

Rahmen des innerstädtischen Lieferverkehrs

große Chancen einer umwelt- und stadtver-

träglicheren Gestaltung des Wirtschaftsver-

kehrs. Konkret geht es hier um denWeg vom

letzten Umschlagplatz zum Kunden auf der

sogenannten letzten Meile. „Grundsätzlich

lassen sich in dicht belieferten und gleich-

zeitig verkehrlich stark belasteten Bereichen

gute Lösungen dadurch entwickeln, dass Sie

die Zustellvolumina in die Innenstadt brin-

gen und von dort aus überhaupt nicht mehr

motorisiert verteilen“, erklärt Lars Purkartho-

fer, Vorstand des Bundesverbandes Paket und

Expresslogistik (siehe Interview rechts). In

diesen Fällen rückt der Einsatz von Lasten-

fahrrädern in den Mittelpunkt.

Eines der Berliner Unternehmen mit

Lastenrädern im Fuhrpark ist die Go! Gene-

ral Overnight & Express Logistik GmbH. „Der

Startschuss bei Go! war im Januar 2015, somit

gibt es schon ausführliche Erfahrungswerte“,

erklärt Wolfgang Sacher. „Wir haben festge-

stellt, dass unsere Kuriere im Innenstadt-

»

FOTO: BUNDESVERBAND PAKET UND EXPRESSLOGISTIK