BERLINER WIRTSCHAFT 06/17
14
TITELTHEMA
großen Teil kaputtgespart worden sind. Die ohne-
hin nicht auf Verkehrswachstum ausgelegte Inf-
rastruktur muss also in den kommenden Jahren
repariert und saniert werden. Verkehrssenatorin
Regine Günther schätzte den Investitionsrückstau
allein im Straßenbereich in Berlin während der
Veranstaltung in Potsdam auf 1,3 Mrd. Euro.
Es besteht also dringender Handlungsbedarf,
um die Leistungsfähigkeit der Verkehrsinfrastruk-
tur zu verbessern. „Zu denwichtigsten neuen Pro-
jekten für den Wirtschaftsverkehr in Berlin gehö-
ren neben der A100 im Bau auf jeden Fall die Tan-
gentiale Verbindung Ost und die Ortsumgehung
Ahrensfelde, weil sie den gesamten Berliner Nord-
osten mit seinen Wohn- und Gewerbegebie-
ten erschließen“, so Jochen Brückmann von der
IHK Berlin. „Parallel muss alles getan werden, da-
mit die bestehenden Hauptachsen nicht zerfallen:
A113, A114 und A111 müssen grundsaniert werden,
wie auch die Stadtautobahn mit der Rudolf-Wis-
sell-Brücke.“ Das ist eine enorme Aufgabe. Nach
Überzeugung des IHK-Expertenwürde jedes wei-
tere Zögern den Wirtschaftsstandort Berlin deut-
lich schwächen.
Es ist nicht die einzige Forderung der IHK
Berlin mit Blick auf den Wirtschaftsverkehr in
der Hauptstadtregion. So basiert der heute gülti-
ge Stadtentwicklungsplan (StEP) Verkehr noch auf
Schrumpfungsprognosen und hat zudem die Be-
deutung Brandenburgs nicht ausreichend berück-
sichtigt. „Durch das Wachstum der Bevölkerung
und der Wirtschaftskraft sind die Anforderungen
nun ganz andere“, erklärt Brückmann. „Deshalb
müssen auch die Prioritäten neu gesetzt werden.“
Weil der Wirtschaftsverkehr die Last der Ver- und
Entsorgung aller Berliner Bewohner, Gäste und Be-
triebe trägt, muss er dabei nicht nur berücksich-
tigt, sondern nach Ansicht der IHK viel detaillier-
ter betrachtet werden. Dabei gilt es auch, Themen
wie Digitalisierung und neue Verkehrstechnologi-
en konsequent mitzudenken.
Wie Berliner Unternehmen trotz der baufälli-
gen und überlasteten Infrastruktur etwa geeignete
Routen für Schwerlasttransporte finden, zeigt das
Beispiel der Siemens AG. Im Fall des DAX-Kon-
zerns geht es um den Transport von Gasturbinen
mit einem Gesamtgewicht von bis zu 530 Tonnen.
Neben den Straßen rund um den Berliner Stand-
ort haben die Verantwortlichen vor einigen Jah-
ren bewusst den Entschluss getroffen, den Char-
lottenburger Verbindungskanal mit in das Trans-
portkonzept aufzunehmen. „Dadurch lassen sich
die Belastungen reduzieren: zumeinen für die Inf-
rastruktur, zumanderen für die Nachbarschaft“, er-
klärt Andreas Tobies. „Wichtig bleibt aber nachwie
vor, dass Berlin seine Infrastruktur durch geeigne-
te Maßnahmen erhält und die zur Verfügung ste-
henden Mittel konsequent einsetzt“, so der Leiter
im Bereich Fertigungstechnologie und Infrastruk-
tur bei der Siemens AG. Wenn die Wasserstraßen
im Stadtgebiet den Regeln für Bundeswasserstra-
ßen entsprechen würden oder die Berechnungen
für Schwerlastfahrten nicht jedes Mal neu erstellt
werden müssten, könnte das die Situation weiter
entlasten.
Was Siemens bereits heute bei Transportprob-
lemenvoranbringt, ist ein Runder Tischmit Vertre-
FOTOS: GO!, KOMM LOGISTIK GMBH
02
Komm Logistik
GmbH
Andreas Komm,
Geschäftsführer
Die blaue Plakette
erforderte massive
Fuhrpark-Investitionen
01
:
01
Go! GmbH
Wolfgang Sacher,
Gesellschafter
Das Unternehmen
setzt auf – teils elek-
trische – Lastenräder
02