BERLINER WIRTSCHAFT 03/17
22
MEINUNG & MACHER
Vergeben Sie die Flächenvorwiegend an die
städtischenWohnungsbaugesellschaften?
Ja, es sind vor allem die landeseige-
nen Wohnungsbaugesellschaften. Wir
möchten aber auch mehr Flächen an
Wohnungsbaugenossenschaften verge-
ben, das sind ja auch sehr sozialeWohn-
formen.
Kommen auch private Gesellschaften zum
Zuge?
In der Vergangenheit ist das häufiger der
Fall gewesen, heute kommt das fast nicht
mehr vor. Es gibt aber Ausnahmen.Wenn
sehr große Gebiete bebaut werden, kann
es sinnvoll sein, Private zu beteiligen.
Zum Beispiel können wir das Grund-
stück an eine städtische Wohnungs-
baugesellschaft vergeben, die dann für
Teilflächen auch Private beteiligt.
Wie sorgen Sie für Flächen, auf denen künf-
tig Schulen, Kitas oder Büros für dieVerwal-
tung entstehen können?
Daseinsvorsorge ist einwichtiges Thema
geworden. Es ist relativ neu für uns. Ber-
lin wächst ja erst seit kurzem. Ich hoffe,
dasswir bald ein neues Sondervermögen
dafür gründen können – es müssen im
Gehört die Identifikation solcher Flächen zu
den Aufgaben der BIM?
Ja, und es ist auch unser Job, Zwischen-
nutzungen zu finden – das kann für drei,
fünf, aber auch für mehr Jahre nötig sein.
Aber letztlich ist absehbar, dass eines Tages
alle Flächen vergeben sind und das Land
keine Spielräume mehr hat, oder?
Nein, wir denken noch weiter in die Zu-
kunft. Wir wollen auch für die nächste
Generation Optionen offen lassen. Da-
für gibt es das Mittel des Erbbaurechts-
vertrages mit Laufzeiten bis zu 39 Jah-
ren. Der Erbbaurechtsvertrag ist eigen-
tumsgleich. Erbrechtsnehmer haben den
Vorteil, dass der Vertrag als Sicherheit für
die Finanzierung dienen kann. Das ist für
Bauprojekte oft entscheidend. Der Vor-
teil des Landes: Die nächste Generation
kann nach Vertragsablauf neu entschei-
den, was sie mit den Grundstücken ma-
chen möchte. Das ist eine sehr gut etab-
lierte Variante. Wir gehen aber gern auch
einmal neue Wege.
Zum Beispiel?
Ein gutes Beispiel ist vielleicht der In-
dustrie- und Bürokomplex amBeeskow-
damm im Bezirk Steglitz-Zehlendorf.
Das Land Berlin hat dort selbst inves-
tiert und vermietet nun zu vernünftigen
Preisen, die eine Refinanzierung möglich
machen, aber ohne dabei auf hohe Ren-
diten zu schielen. Im Bereich Kultur ist
dieses Modell in der Hardenbergstraße
für das Fotografie-Ausstellungshaus C/O
Berlin gewählt worden. Das Land vergibt
dann einen langfristigenMietvertrag. Ein
Berliner Leuchtturm wie die C/O Berlin
hat mit einem öffentlichen Vermieter
deutlich mehr Sicherheiten.
Zu IhrenAufgaben gehört auch, Flächen für
Flüchtlingsunterkünfte bereitzustellen. Wie
schwierig ist das?
Wir stehen immer noch extrem unter
Dampf, was die Schaffung von Gemein-
schaftsunterkünften anbelangt. Zunächst
ging es ja nur darum, den Menschen ein
Dach über demKopf zu geben. Jetzt wol-
len wir die Unterkünfte qualitativ an-
heben. Wir machen das unter anderem
auch in Zusammenarbeit mit den lan-
deseigenenWohnungsbaugesellschaften.
Abgeordnetenhaus noch die nötigen Ent-
scheidungen getroffen werden. Wichtig
ist, dass wir uns die Frage stellen, wo es
perspektivisch Bedarf für Verwaltung,
Kultur, Kitas und Schulen geben wird.
Geeignete Flächen dürfen nicht mehr
verkauft werden, damit das Land nicht
erpressbar wird. Der Markt merkt sehr
genau, wo das Land Flächen braucht –
und dann gehen die Preise hoch.
Wichtig ist, dass wir
uns die Frage stellen,
wo es perspektivisch
Bedarf für Verwaltung,
Kultur, Kitas und
Schulen geben wird.
SVEN LEMISS
Geschäftsführer
Berliner Immobilienmanagement GmbH
Sven Lemiss will dafür sorgen, dass Berlin im Immobiliensektor handlungsfähig bleibt
FOTO: CHRISTIAN KIELMANN




