MEINUNG & MACHER
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BERLINER WIRTSCHAFT 03/17
D
ie Berliner Immobilien-
management GmbH (BIM)
kämpft gleich an mehreren
Stellen mit dem Wachstum
Berlins. Mit 450 Mitarbeitern werden die
1.600 Gebäude der öffentlichen Verwal-
tung bewirtschaftet sowie 4.500 landes-
eigene Immobilien hinsichtlich der Zu-
kunftsperspektiven bewertet. Auch für
das Gewerbe hat die BIM mit ihren bei-
den Geschäftsführern Sven Lemiss und
Birgit Möhring noch einiges an Flächen
im Portfolio.
Berliner Wirtschaft:
Die Immobilien, die
Sie noch zu vergeben haben, sind sowohl
für den Wohnungsbau als auch im Gewer-
be heiß begehrt. Wie gehen Sie mit diesem
Interessenkonflikt um?
Sven Lemiss:
Na ja, es gibt zwar unter-
schiedliche Interessen: Die Senatsver-
waltung fürWirtschaft achtet stärker auf
die Gewerbeflächen, der Stadtentwick-
lung geht es eher umdenWohnungsbau.
Aber ein richtiger Konflikt ist das nicht,
weil die Flächen in der Regel bereits ge-
widmet sind. Meistens liegen Grundstü-
cke entweder in einem gewerblichen
Umfeld oder in einem Wohnumfeld.
Entsprechendwird die künftige Nutzung
geplant.
Der Bedarf ist überall groß.Wollen Sie mög-
lichst viele Flächen möglichst schnell zur
Verfügung stellen oder warten Sie ab?
Sowohl als auch. Für den Wohnungs-
bau wollen wir schnell Flächen bereit-
stellen. Aber wir müssen auch Liegen-
schaften zurückhalten, denn der öffentli-
che Sektor bekommt nun zu spüren, dass
wir in einerwachsenden Stadt leben.Wir
brauchenmehr Platz für die Verwaltung.
Zudem konkurrieren nun Bereiche mit
dem öffentlichen Sektor, die die Stadt
groß gemacht haben – zum Beispiel der
Bereich der Kultur und der freien Sze-
ne. Die Kulturverwaltung möchte mit
landeseigenen Flächenbeständen einer
möglichen Verdrängung entgegenwir-
ken. Schließlich brauchen wir auch Flä-
chen für Schulen und Kitas. Es kommen
viele Interessen zusammen.
Wie geht die BIM mit diesen vielen Interes-
sen um?
Wir sind unserem Gesellschafter, dem
Land Berlin, verpflichtet. Wir müssen
das aber gar nicht entscheiden. Berlin
hat dafür ein ganz gutes Instrument –
den sogenannten Portfolio-Ausschuss.
Darin vertreten sind der jeweilige Be-
zirk, die Finanzverwaltung, die Bildungs-
verwaltung, die Wirtschaftsverwaltung,
die Stadtentwicklungsverwaltung und
die Senatskanzlei. Ehrlich gesagt bin
ich überrascht, wie gut das funktioniert.
Deutlich über 90 Prozent der Flächen
werden – zwar nach durchaus intensi-
ven Diskussionen – am Ende aber ein-
vernehmlich zur Entscheidung gebracht.
Was passiert, wenn es keine einvernehmli-
che Entscheidung gibt?
Dann geht der Fall in denVermögensaus-
schuss. Die BIM muss die Entscheidung
amEnde nur noch umsetzen. Und natür-
lich bereitenwir den Entscheidungspro-
zess vor, indemwir Daten und Informa-
tionen – auch über eine Web-Plattform
– zur Verfügung stellen.
Muss die Wirtschaft sich nicht doch Sorgen
machen, dass angesichts dieser vielfältigen
Interessenlage Gewerbeflächen anderwei-
tig genutzt werden?
Nein, die Umwidmung von Gewerbe in
andere Nutzungsformen ist inzwischen
so gut wie unmöglich – um eben das Ge-
werbe zu schützen.
Wie viele Gewerbeflächen haben Sie denn
noch zu bieten?
Es sind ungefähr 500 Flächen. Das hört
sich erstmal viel an, aber trotzdem kön-
nenwir bei weitem nicht alles bedienen,
was an Anfragen auf uns zukommt. Es
sind dabei gar nicht so sehr die großen
Unternehmen, die große Flächen haben
möchten, sondern viele kleine mit sehr
unterschiedlichen Anforderungen.
Wie läuft die Vergabe ab?
Sehr oft läuft der Kontakt über Berlin
Partner, mit denen wir in einem regel-
mäßigen Austausch stehen. Von Fall zu
Fall klären wir ab, ob wir die Wünsche
bedienen können – in Absprache mit
der Senatsverwaltung fürWirtschaft und
letztlich über den genannten Entschei-
dungsprozess. Es gibt aber auch Firmen,
die direkt auf uns zukommen. Über un-
sereWebsite und Inserate in den Medien
bieten wir auch Grundstücke an.
Was tun Sie für denWohnungsbau?
Wir haben in den letzten Jahren knapp
80 Flächen im Rahmen von Einbrin-
gungsverträgen an die Wohnungsgesell-
schaften übergeben, davon allein 50 im
vergangenen Jahr – zum Teil auch sehr
große, wie zum Beispiel im Blanken-
burger Pflasterweg. Unsere Ziele haben
wir zuletzt sogar übererfüllt. Für dieses
und für das nächste Jahr habenwir noch
knapp 70 Flächen mit insgesamt 1,3 Mil-
lionen Quadratmetern, diewir bereitstel-
len wollen. »
Sven Lemiss managt Berlins Liegenschaften. Herausforderungen
sind die wachsende Verwaltung, der Flächenbedarf für Wohnungen
und Gewerbe sowie der Klimaschutz
»
Von Michael Gneuss
„Daseinsvorsorge
ist ein wichtiges
Thema geworden“
INTERVIEW DES MONATS
FOTO: CHRISTIAN KIELMANN




