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BERLINER WIRTSCHAFT 05/17

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UNTERNEHMEN & MÄRKTE

Die Neuerfindung

eines Warenhauses

Der Inbegriff der Berliner Shoppingkultur – das KaDeWe –

feiert seinen 110. Geburtstag. Und schaut zum Jubiläum lieber

nach vorn als zurück

»

Von Dr. Mateusz Hartwich

G

Das Kaufhaus ist tot. Es le-

be das Kaufhaus! Die Mel-

dungen aus diesem Bereich

könnten widersprüchlicher

nicht sein. Nachdem jahrelang Karstadt

negativ in den Schlagzeilen

stand, spricht der Unterneh-

menschef Stephan Fanderl

wieder von Wachstum, sogar

eine Neueröffnung in Ber-

lin-Tegel ist geplant. Bei Kauf-

hof sei wiederum das Weih-

nachtsgeschäft 2016 nicht

zufriedenstellend gelaufen.

Und da wäre noch das KaDeWe, seit 110

Jahren der Inbegriff für Kaufhaus in Ber-

lin. Fast unbemerkt von der Öffentlich-

keit jährte sich am 27. März die Eröff-

nung des „Kaufhauses des Westens“ an

der Tauentzienstraße, einem Lieblings-

projekt des Selfmademans Adolf Jandorf.

Und es scheint so, als stelle sich das Ka-

DeWe auf weitere 110 Jahre ein. Mit dem

neuen Eigentümer wird geklotzt, nicht

gekleckert. Kein Geringerer als der nie-

derländische Architekt Rem Koolhaas

verantwortet den 180-Millionen-Umbau.

Wennman sowill, geht es den Eigen-

tümern um die Neuerfindung des Wa-

renhauses. Es gehe darum, ein Modell zu

schaffen, „das in der Lage ist, die Bezie-

hung eines Kaufhauses zu seinen Kun-

den wie auch zu seiner physischen und

urbanen Umgebung neu zu definieren“,

heißt es aus der KaDeWe Group. Depart-

ment Stores seien viel mehr als nur Or-

te, an denenman einkauft. „Sie sind Stät-

ten der Begegnung und des Erlebens, sie

erfüllen mit ihren Events kulturelle Auf-

gaben, inspirieren und waren ihrer Zeit

schon immer einen Schritt voraus.“

Wie sehr sie ihrer Zeit voraus waren,

mussten die Macher der Friedrichstra-

ßenpassage miterleben, die fast zeitgleich

mit dem KaDeWe startete. Die Passage,

bekannt nur noch als Tacheles-Ruine,

schloss ein halbes Jahr nach der Eröff-

nung. Heute entsteht dort bis 2020 ein

Komplex ausWohn-, Einzelhandels- und

Bürogebäuden und Hotel. „Wir werden

an dieser Stelle die Tradition der histo-

rischen Stadtstruktur aufgreifen – adap-

tiert an das 21. Jahrhundert“, erklärt Pro-

jektentwickler Sebastian Klatt.

Es ist deshalb wenig ver-

wunderlich, dass das KaDe-

We-Jubiläum eher still vonstat-

ten ging. In der Branche schaut

man stärker nach vorn als zu-

rück. Einen 110. Geburtstag gilt

es aber trotzdem zu feiern, in

der zweiten Jahreshälfte 2017.

Ob die Branche bis dahin vom

Revival oder vom nahenden

Tod der Warenhäuser spricht,

bleibt abzuwarten.

Das KaDeWe soll in Zukunft stärker eine Stätte für inspirierendes Erleben werden

Dabei hat die Kölner Warenhauskette

nach der Übernahme durch Hudson’s Bay

Company 2015 neuen Schwung erhalten,

mit angekündigten Investitionen von ei-

ner Milliarde Euro.

Hingucker seit eh und je:

das KaDeWe 1908 – ein

Jahr nach der Eröffnung

FOTOS: PA/DPA, PA/ARKIVI