BERLINER WIRTSCHAFT 11/16
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UNTERNEHMEN & MÄRKTE
Von App bis Assistenzsystem:
Gesundheit wird smart
Durch die Digitalisierung
verändern sich die Strukturen
der Gesundheitswirtschaft
grundlegend. Berlin kann hier
durch die Vernetzung von
Wirtschaft und Wissenschaft
eine Vorreiterrolle einnehmen
D
ie Digitalisierung verändert
die Abläufe und Struktu-
ren im Gesundheitssystem
maßgeblich: Praxen, Klini-
ken und Pflegeeinrichtungenwerden ef-
fizienter und arbeiten sektorenübergrei-
fend. Gesundheits-Apps unterstützen ge-
sundheitsbewusstes Verhalten, fördern
die Prävention und bieten neue Behand-
lungsoptionen. Assistenzsysteme ermög-
lichen vor allem Älteren und Pflegebe-
dürftigen ein selbstbestimmtes Leben in
der eigenenWohnung bis ins hohe Alter.
Dabei treten die Patienten als Erfas-
ser, Lieferanten und Nutzer ihrer Ge-
sundheitsdaten zunehmend in den Mit-
telpunkt. Die neue Welt der smarten
Gesundheitstechnologien bringt gravie-
rende Veränderungen mit sich: Auf der
einen Seite stehen enorme Einsparpoten-
ziale für die Sozialversicherungssysteme.
Auf der anderen Seite bieten sie Start-
ups und dem Mittelstand einen lukrati-
venMarkt mit neuen Geschäftsmodellen.
Berlin hat dafür eine exzellente Aus-
gangsposition. Jeder achte Berliner ist
im Gesundheitssektor beschäftigt und
mit dem Cluster Gesundheitswirtschaft
existieren erfolgreiche Netzwerke, die
innovative Unternehmen der Bran-
che verbinden. In Kombination mit der
hochklassigen Krankenhaus- und For-
schungslandschaft besitzt Berlin die bes-
ten Voraussetzungen für eine Vorreiter-
rolle im Bereich Smart Health. Um die-
SANDEEP
SINGH JOLLY
IT-India Gesellschaft
für Deutsch-Indische
Wirtschaftsförderung
mbH, Mitglied des
IHK-Kompetenz-
teams Mittelstand
„
Smart City ist für mich,
wenn der Arzt
meinen Gesundheitszustand kennt,
obwohl ich zu Hause bin“
Smart Health ermöglicht die Erfassung meiner Gesundheitsdaten,
wann und wo ich es will – ob zu Hause, unterwegs oder in der
Praxis. Wenn ich möchte, werden diese mit demArzt vernetzt
und ausgewertet. Das erspart gerade älteren oder mobilitätsein-
geschränkten Personen so manchen unnötigen Arztbesuch und
senkt die Sozialversicherungskosten. Im Notfall werden Pflege-
oder Rettungsdienste schneller alarmiert, als ich zum Hörer
greifen kann. Nun braucht es ein Smart-Health-Modellquartier,
in dem die Berliner Wirtschaft diese Technologien erproben und
weiterentwickeln kann. Das Kompetenzteam fordert, die städti-
schenWohnungsunternehmen als Vorreiter für Smart-Home-Lö-
sungen zu positionieren und für Kooperationen mit privaten
Technikanbietern und Gesundheitsdienstleistern zu öffnen.
„Innovativ, interaktiv,
intelligent“ - eben smart
Positionspapier der IHK Berlin benennt
Handlungsvorschläge
INFO
Das Positionspapier
formuliert die wich-
tigsten Handlungsvorschläge aus Sicht der
Wirtschaft, um die Debatte für eine smarte
Stadt zu beleben und Politik und Verwaltung
aufzufordern, die notwendigen
Schritte zu unternehmen.
Mehr Informationen unter:
www.ihk-berlin.de/smart-cityses Innovationspotenzial umfassend zu
nutzen, müssen die politischen Rahmen-
bedingungen dafür geschaffen werden.
Erst dann kann Berlin ein Labor für ei-
ne vernetzte Gesundheitsversorgung im
häuslichen, ambulanten und stationä-
ren Umfeld werden, in dem Unterneh-
men gemeinsam mit Wissenschaft und
Forschung die Gesundheitswirtschaft der
Zukunft erproben.
‹ TAMARA BECKER
In einem Pilotprojekt mit der Deutschen
Telekom hat ein Krankenhaus in Bonn
2014 begonnen, Ärzte und Pflegekräfte
mit 200 Tabletcomputern auszustatten,
über die sie mobil auf ein Krankenhaus-
informationssystem zugreifen können.
Die Patientendaten können so jederzeit
und überall im Haus zur Verfügung ge-
stellt werden. Auch können die Ärzte von
zu Hause aus auf die Daten zugreifen.
Mehr Best Practices im Internet unter
www.ihk-berlin.de/smart-city‹
BW
Informationssystem
für Patienten
BEST PRACTICE
Patientendaten überall verfügbar
FOTOS: AMIN AKHTAR, DEUTSCHE TELEKOM AG




