Berliner Wirtschaft 10/2016 - page 25

BERLINERWIRTSCHAFT 10/16
A
ls ichdenbetreffendenArtikel Ende Juli ineinerBerliner
Tageszeitung las,musste ichmirdochverwundert die
Augen reiben. Es gibt das Sondervermögen „Infrastruk-
turderwachsendenStadt“, kurzSIWA, das ausBerliner
Haushaltsüberschüssengespeist, Investitionsmittel fürdringende In-
frastrukturprojekte inHöhevon691Mio. Eurobereithält– soweit so
gut!DochdieseMittelwill offenbarniemandhaben.Oder ist esviel-
leicht auch so, dassderMangel anqualifiziertemPersonal undKom-
petenzstreitigkeitenzwischenÄmtern Investiti-
onenverschleppenoder garverhindern?
Fakt ist, dassvondemSondervermögen seitAn-
fang2015erst62Mio. Euroausgegebenwurden, ob-
wohl der Bedarf bei Kita, Schule oder Straße nach
wievor gigantisch ist. KeinTagvergeht ohne neue
HiobsbotschaftenvonundichtenDächernund de-
fekten Sanitäranlagen in Schulen, fehlendenKita-
plätzenundmarodenFreizeit-undSportanlagen–
ganzzu schweigenvonderModernisierungvon In-
frastrukturendurchW-LANund IT.
Eskannwirklichnicht sein, dassBerlinnach Jah-
rendes Sparens –bis esmehr als knirscht an allen
EckenundEnden– sich jetzt auchnochdieSanie-
rungspart.VielleichthabendieSenats-undBezirks-
verwaltungen es einfachverlernt, mit der Offerte
zumGeldausgeben, sprich Investieren, umzugehen? Das Geld steht
bereit und dieWirtschaft und die Bürger der Stadt haben einenAn-
spruchdarauf, dassdieVerwaltungen indieGängekommenundend-
lichUmsetzungsstrategienentwickeln.WenndieeigenenPlanungska-
pazitätenoderdieerforderlicheExpertise fehlt,weil sieebenfallseinge-
spartwurde, solltennunAusschreibungen imbeschleunigtenVerfahren
vorgenommenwerden, umdie Planungs- undBauleistung schnellst-
möglichzuvergeben.
Aktuell hat jetzt FinanzsenatorKollatz-Ahnendie Eckdaten seiner
Investitionsplanung bis 2020vorgestellt und– Sie ahnen es bereits –
die Investitionen sollen aufgrundder sprudelndenEinnahmen eben-
fallssteigen.Gutundschön, liebeLeute, aberdiegegenwärtigeSituati-
onzeigt,dassauchdieStrukturen für schnelleundunkomplizierteBe-
antragungs-undGenehmigungsverfahrenmitwachsenmüssen.Denn
sowieGeldkeineToreschießt, bautesauchkeineHäuserundStraßen.
Investitionsmittel für dringende Infrastrukturprojekte
werdennicht abgerufen, obwohl derBedarf gigantisch ist
Da liegen691
MillionenEuro rum
KARSTEN
SCHULZE
istVorsitzender des
Kompetenzteams
Mittelstandder IHK
undGeschäftsfüh-
renderGesellschafter
derHaruReisenOHG
HansRudek
MITTELSTANDSKOLUMNE
so zentral zuwerden– obwohl die gro-
ßenBetriebeweggezogen sind.
InwiefernfließendieseGedanken inIhreAr-
beit fürdasStadtmuseumein?
Ichmöchte imMuseum aufzeigen, was
die IdentitätvonBerlin ist.Wirtschaftlich
gesehen sind das dievielenMikro-Bio-
tope, die sichuntereinander stark aus-
tauschen und den Reiz der Stadt aus-
machen. Es ist gleichzeitig die Spezia-
lität und die große Chance von Berlin,
Freiräume für neue Entwicklungen of-
fenzu lassen.KleinewirtschaftlicheEnt-
wicklungenmüssenunterstütztwerden.
Wir sind aber noch geprägt von einem
Rationalismus, derausdem 19. Jahrhun-
dertkommt:Schneller,höher,besser.Wir
verstehennicht,dassdasnichtsmitQua-
lität zu tunhat, sondernnurmitQuanti-
tät.DieStadtBerlin solltedarübernach-
denken,was ihreQualitäten sind.
WaskanndasStadtmuseumfürdieBerliner
Wirtschaft tun?
Sowie ich es auch inAmsterdam getan
habe, möchte ich auch in Berlin Part-
nerschaftenoderClubs schaffen, diedas
Stadtmuseummit den Unternehmern
vernetzt – auch denen ausMittel- und
Kleinbetrieben.
Wie stellenSie sichdieseClubsvor?
WirwerdenVeranstaltungsprogramme
bieten.NatürlichwirdesumGeschichte
gehen, aberwirwerdenunsauch immer
damit beschäftigen, welche Relevanz
das für die heutige Zeit hat.Wirwollen
Linien ziehen zwischen der Geschich-
te, derGegenwartundderZukunft.Tolle
Räumlichkeitenhabenwirbald imHum-
boldt-Forumund jetzt schon imMärki-
schenMuseum– das eines Tages hof-
fentlich einen anderen Namen haben
wird, zumBeispiel BerlinMuseum.
WelcheHoffnungenverbindenSiemit dem
HumboldtForum?
Es soll einKatalysator fürWeltbürger-
schaft sein. Berlinhat jetzt dieMöglich-
keit, zu erzählen, wie die Stadt zu ei-
nerMetropole geworden ist – zu einem
Melting Pot fürMenschen aus der gan-
zenWelt. Ichmöchte, dassder Stadt be-
wusst ist, dassWeltoffenheit Berlins Er-
folgsfaktorNr. 1 ist.
FOTO: IHK
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