MEINUNG & MACHER
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BERLINER WIRTSCHAFT 04/17
selbst Unternehmerin und finden sich
bei uns in bester Gesellschaft wieder“, so
Kramm.
Kaum hatte die Senatorin ihre kur-
ze Replik auf die Begrüßung formuliert –
„als Frühlingsbotin wurde ich noch nie
angekündigt“ –, ging es im Galopp durch
die wirtschaftspolitischen Vorhaben des
neuen Senats. Die letzte Konjunkturum-
frage hatte gute Ergebnisse gezeigt, ein
BIP-Wachstum oberhalb des Bundes-
durchschnitts erwartet Pop auch jetzt.
Dafür gab es einen direkten Dank an die
Unternehmer im Saal: „Sie sind es, die
Arbeits- und Ausbildungsplätze schaf-
fen. Ich hoffe, wir werden weiter an den
wichtigen Pluspunkten für Berlin arbei-
ten“, erklärte die Senatorin.
Zuletzt kamen 60.000 Neuberliner
im Jahr in die Stadt – und damit wach-
sen auch die Herausforderungen. Wie
Pop formulierte, wurden in Berlin in den
letzten Jahren Investitionsmittel als Spar-
dose benutzt. Aber unterlassene Inves-
titionen sind, sagte Pop weiter, auch ei-
ne Schuldenart. Daher hat der neue Senat
zwei Mrd. Euro für Investitionen bereit-
gestellt, und nun sollen die Mittel zügig
in die wachsende Stadt investiert wer-
den. Es geht nach den Worten von Pop
nicht nur um den Ausbau der Infrastruk-
tur, sondern auch in erheblichem Maße
um Modernisierung und Digitalisierung.
Lob gab es von der Senatorin für die
großen Berliner Unternehmen wie BVG,
BSR oder BWB: So werden z.B. die Ber-
liner Wasserbetriebe acht Mrd. Euro für
Infrastrukturmaßnahmen investieren.
Die BVG möchte die U 5 vollenden und
den veralteten Fuhrpark aufstocken. Die
Messe Berlin investiert 55 Mio. Euro aus
eigenen Mitteln in die neue Halle 27, die
zur nächsten Innotrans fertigwerden soll.
All das bringt große Auftragsvolumina für
die Wirtschaft.
„Die Hälfte der Investitionen liegt
im industriellen Bereich. Ich freue mich
schon darauf, den Steuerungskreis Indus-
triepolitik wieder zu beleben“, kündigte
Pop an. Auch der Pharmadialog solle fort-
gesetzt werden. „Die Grenze zwischen In-
dustrie und digitaler Dienstleistung ver-
schwimmt immer mehr, wir müssen das
alles in einer gemeinsamen Dynamik
durchdenken“, sagte Pop.
„Wir brauchen eine moderne Mobi-
lität in der Stadt – und das heißt, einen
Interessenausgleich zwischen allen, die
sich auf der Straße bewegen, zu schaf-
fen“, erklärte Pop sehr deutlich. Und zu
diesem Thema hagelte es in der übli-
chen Diskussionsrunde am Ende nur so
Fragen aus dem Saal: Es ging vor allem
um den elektromobilen Verkehr mit Au-
tos, Bussen, Bahnen oder Taxen, um Die-
sel oder nicht, umAnreize oder Strafen –
und nicht zuletzt auch um den Fahrrad-
verkehr undwie erwirtschaftsverträglich
gestaltet werden kann.
„Entfesseltes Stadtwerk“
AmEnde fragte IHK-Hauptgeschäftsfüh-
rer Jan Eder, wie das denn mit dem „ent-
fesselten Stadtwerk“ (s. auch S. 23) zu ver-
stehen sei, das oft zitiert wurde. Wo es
doch in Berlin über 530 Stromanbieter ge-
be. Pop: „Das Stadtwerk soll ein kraftvol-
ler Akteur für die Energiewende und im
Klimaschutz werden. Der Wettbewerb in
der Branche scheint nicht so gut zu funk-
tionieren.“ Wie sie weiter ausführte, sei
der Markt im Umbruch: „Wir sehen gro-
ße Energieunternehmen, die umstruktu-
rieren oder Sparten verkaufen. Hier hat
ein kleines, lokales Stadtwerk schon die
Chance, den Markt aufzumischen oder
Kooperationen einzugehen“.
Wir brauchen in der
Stadt einen Interessen-
ausgleich zwischen
allen, die sich auf der
Straße bewegen.
RAMONA POP
Bürgermeisterin von Berlin und Senatorin
für Wirtschaft, Energie und Betriebe
Im Galopp durch die wirtschaftspolitischen Pläne: Senatorin Ramona Pop im Ludwig Erhard Haus




