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UNTERNEHMEN & MÄRKTE

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BERLINER WIRTSCHAFT 02/17

Die Armaturen-

Spezialisten

Die Butzke AG erkannte die Anforderungen der Zeit um 1900:

Spülkästen, Anschlüsse und Ventile. Mit ihrer Produktpalette

wurde sie Branchenführer

»

Von Prof. Klaus Dettmer (BBWA)

Das Butzke-Werk in der

Kreuzberger Ritterstraße.

Seit 2014 ist hier das

Kreativhaus Aqua-Carré

A

uf dem Höhepunkt des

Gründerkrachs 1873 nahm

die Metall- und Lampenfa-

brik von Fried-

rich Butzke in der Ritter-

straße 12 ihre Tätigkeit auf.

Von England wurden Was-

serspülungen für Toiletten

übernommen, die in der ex-

plosionsartig wachsenden

Stadt überall gebraucht wur-

den. Berlins Bevölkerungs-

zahl näherte sich einer Milli-

on, weshalb der Wohnungs-

bedarf enormwar. Es entstanden sowohl

spartanische Mietskasernen als auch

Wohnungen für höhere Ansprüche des

Bürgertums. Und beide benötigten we-

Branchenführer der Armaturenindustrie

mit 1.000 Beschäftigten.

Das Butzke-Werk befand sich im Ex-

portviertel Berlins, der Kreuzberger Rit-

terstraße, in der fast 1.400 Fabrikanten

und nochmal so viele auswärtiger Firmen

vertretenwaren. Der ErsteWeltkrieg und

die anschließende Krise stürzten auch

Butzke in Nöte. Nach dem Neustart 1924

erwarb Butzke die nebenan gelegene Ar-

maturenfabrik von Bernhard Joseph, des-

sen Fabrikgebäude von Georg Lewy so-

wie das Warenzeichen AQUA. Während

bei B. Joseph die Stapelware hergestellt

wurde, spezialisierte sich Butzke auf Spe-

zialausrüstungen für Gewerbe, Kranken-

häuser und Labore. Auf 16 Niederlassun-

gen und 1.400 Beschäftigte kam das Un-

ternehmen bis 1936. Nach „Arisierung“

von Wolf Netter & Jacobi, Zwangsar-

beitseinsatz und den Zerstörungen durch

Bombenangriffe am 4. Februar 1945 kam

das zweite Ende durch sowjetische De-

montagen.

Berlin lag nun abseits des westdeut-

schen Marktes und des Zentrums der Ar-

maturenbranche in Iserlohn. Butzke aber

baute seine Stellung durch Erwerb von

Weichbrodt & Friedrich, Bruno Kraft und

Carl Sandmann in Berlin aus und 1984

durch Übernahme des Marktführers für

spezielle Armaturen Eggemann in Iser-

lohn. Mit elektronischen Steuerungen

entwickelte die Firma spezielle Armatu-

ren, indem die hydraulische Steuerung

durch Mikrowellen-, Lichtstrahlen- und

Schallwellenimpulse in Zusammenarbeit

mit Magnetventilen ersetzt wurde. 1997

erfolgte der Umzug nach Ludwigsfelde,

wo Aqua Butzke 2004 mit Rotter fusio-

nierte und imFolgejahr in einem schwei-

zerischen Sanitätskonzern aufging.

Das aufgegebene Kreuzberger Fir-

mengelände wurde 2006 vom Architek-

tenAmir Abadi zu einemKreativzentrum

umgestaltet. Seit 2014 wird das Gelände

als „Aqua-Carré“ betrieben.

gen gestiegener Hygieneanforderun-

gen zur Seuchenvermeidung Anschlüs-

se und Ventile. Butzke erkannte über-

dies das Problem des hohen

Trinkwasserverbrauchs. Er

entwickelte Sechsliter-Spül-

kästen und meldete Patente

dafür an. Butzke präsentier-

te seine Produktplatte auf der

Gewerbeausstellung imTrep-

tower Park 1896: Gas-, Petro-

leum- und Benzinmotoren,

Blitzableiter, Telephonanla-

gen und Armaturen, davon

allein 48 unterschiedliche Spülarmatu-

ren. In Hamburg entstand eine Niederlas-

sung, in Clausthal erwarb Butzke 1911 ei-

ne Gießerei. Butzke entwickelte sich zum

Marktführer:

Friedrich Butzke

UNTERNEHMENSHISTORIE

FOTOS: BBWA