UNTERNEHMEN & MÄRKTE
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BERLINER WIRTSCHAFT 02/17
„Man sollte immer
improvisieren!“
Das Traditionsgeschäft Schropp Land & Karte in Charlottenburg
feiert seinen 275. Geburtstag. Eine Tour durch ein Unternehmen,
das mit der Zeit geht
»
Von Ina Kaifi
Hier dreht sich alles ums
Reisen: Regine Kiepert in
ihrem Geschäft Schropp
Land & Karte
W
er einen Globus sucht,
ist hier richtig – und
die Modelle der Erde
gehören vielleicht zu
den wenigen Dingen, für die Menschen
sich noch aufmachen, statt sie per Maus-
klick zu bestellen. „Manmuss sie fühlen!“,
sagt Regine Kiepert, Geographin und seit
1979 Inhaberin der Reisebuchhandlung
Schropp Land & Karte. Denn die rund 70
Modelle leuchten und drehen sich, jedes
einzelne auf seine ganz eigene Art.
Der Laden, heute ansässig in der Har-
denbergstraße in Charlottenburg, ist eine
Institution in Berlin. Und das schon seit
an. Aber sie wird von Jahr zu Jahr spezifi-
scher. „An der Art der Literatur kannman
sehen, dass sich die Gesellschaft immer
stärker individualisiert“, erzählt Kiepert.
Noch vor einigen Jahrenwaren etwa Kul-
turreiseführer stark nachgefragt, heute
verschwinden sie langsam aus dem Sor-
timent. Statt dessen erscheinen Titel wie
„Mallorca für Schwangere“.
Aber Regine Kiepert scheint Spaß
daran zu haben, sich neue Welten zu er-
schließen – auch unternehmerisch. „Wir
haben sehr früh auf Computer umge-
stellt“, erzählt sie. Ihr Internet-Angebot
umfasst einige Tausend der insgesamt et-
wa 25.000 Titel, alle sind per Hand ein-
gepflegt. Online bekommt man eher das
Besondere, und davon gibt es hier jede
Menge: detaillierte Karten mit großen
Maßstäben etwa. Einiges bringen Regine
Kiepert oder ihre Kollegen selbst von ih-
ren Reisen mit.
Zehn Prozent des Gesamtumsatzes
bringt der Web-Shop ein, das ist ein ver-
gleichsweise hoher Anteil in der Bran-
che. Die Unternehmerin reagiert auch
auf den E-Book-Trend. Sie kam auf die
Idee, E-Books aus Schaumstoff in die Re-
gale zu stellen. An der Kasse gibt es dann
den Code, mit dem der Kunde sich das
Buch herunterladen kann: „Man sollte
immer improvisieren! Und sich anpas-
sen“, sagt sie.
Natürlich blieb sie auch von Krisen
nicht verschont. Nach der Wende et-
wa stiegen die Mieten derartig, dass sie
den ganzen Umsatz zu schlucken droh-
ten. Schropp Land & Karte packte zu-
sammen und zog weiter. Und auch heu-
te, angekommen in der Hardenbergstr. 9a,
stehen Hindernisse imWeg: Eine Baustel-
le vor der Tür sorgt für schlechte Park-
möglichkeiten, weniger Sichtbarkeit und
damit für Umsatzeinbußen.
Trotzdem führt die Reise immerwei-
ter. Der Grund dafür könnten die vorzüg-
lichen Karten sein.
FOTO: OLIVER DE WEERT
275 Jahren. Im April 1742 erhielt Simon
Schropp von Friedrich II. die Erlaubnis,
mit Landkarten zu handeln. Der preußi-
sche König hatte große militärische und
zivile Ambitionen und dafür brauchte er
korrekte topographische Informationen.
Im 19. Jahrhundert, nachdem die Firma
schon zu einem der führenden Landkar-
tenhändler Preußens avanciert war, ka-
men die sogenannten „Lustreisen“ auf.
Bei Schropp konnte man das passende
Material erwerben, von der Wanderkarte
bis zur geologischen Spezialkarte.
Die Freude am Reisen wurde ein
Massenphänomen und sie hält bis heute