BERLINER WIRTSCHAFT 02/17
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TITELTHEMA
und patientenorientierte Forschung mit
außeruniversitärer und grundlagenorien-
tierter Forschung in einer eigenständigen
Struktur miteinander verbunden“, betont
Böttinger. Für diese sogenannte Trans-
lationale Forschung „gibt es hier einfach
ideale Voraussetzungen: am Max-Del-
brück-Centrum für Molekulare Medizin
mit seiner herausragenden Expertise in
biomedizinischer Grundlagenforschung
und an der Charité, die klinische For-
schung und Hochleistungsmedizin für ei-
ne große Zahl von Patientinnen und Pati-
enten betreibt, sowie in der Industrie und
der lebhaften Start-up-Szene.“
Wesentliches Merkmal für den Erfolg
der Gesundheitsregion, heißt es in der Se-
natsverwaltung fürWirtschaft, sei der vor-
herrschende Innovationsgeist zwischen
den ansässigen Forschungseinrichtungen
und Unternehmen. Er ziehe Gründungs-
willige, Forschende und kreative Köpfe in
die Metropole. Erwin Böttinger vom BIH
kann das bestätigen: „Wir sind mit poten-
ziellen Partnern aus derWirtschaft – bei-
spielsweise aus der Medizintechnologie,
der Pharma- oder IT-Branche – im Aus-
Gesundheitsregion
Hinter dem
Cluster stehen Berlin Partner für
Wirtschaft und Technologie sowie
die Zukunftsagentur Brandenburg
HealthCapital Berlin
Brandenburg
Kai Bindseil, Clustermanager
Gesundheitswirtschaft
tausch und sprechen dabei sowohl über
projektbezogene Kooperationen und in-
tegrierte Forschungsteams als auch über
strategische Kooperationen.“ Derzeit ge-
he es vor allem darum, gemeinsame Zie-
le zu definieren, Umsetzungsoptionen zu
diskutieren und auch Finanzierungsmo-
delle zu besprechen.
Auch Pfizer-Deutschland-Chef Peter
Albiez erfährt kaum noch Berührungs-
ängste: „Ich erlebe offene Türen, die Be-
reitschaft zur Kooperation und sehr viel
Engagement von vielen Beteiligten.“ Weil
bei Pfizer für die Zulassung neuer Medi-
kamente ständig klinische Studien mit
Probanden laufen, arbeitet das Phar-
maunternehmen nunmit demKreuzber-
ger Start-up Viomedo zusammen. „Wir
stellen auf unserer Plattform verständ-
lich und in deutscher Sprache derzeit et-
wa 2000 Studien vor, an denen sich Pati-
enten beteiligen können und somit neue
Behandlungsmöglichkeiten erhalten“, sagt
Gründer und Geschäftsführer Alexander
Puschilov. Patienten, Angehörige undÄrz-
te sollen sich schnell, einfach und voll-
ständig über laufende Arzneimittelstudi-
en informieren können, um die passende
zu finden. „Je mehr Patientenwir vermit-
teln“, so Puschilov, „desto schneller wer-
den Studien abgeschlossen und neue Me-
dikamente marktreif.“ Gemeinsam mit
Pfizer habeman die Funktionen der Platt-
formweiterentwickelt und strebe nun ei-
ne Internationalisierung an.
Für solche Kooperationen startete
Pfizer vor zwei Jahren sein Berlin Health-
care Lab. „Hier ist ein Raum geschaffen
worden, wo wir unbürokratisch, flexibel
und individuell mit Start-ups interagie-
ren, die gemeinsamen Bedürfnisse abglei-
chen und dann zügig Projekte initiieren,
die in die Realität umgesetztwerden“, sagt
Peter Albiez. Nicht nur Pfizer oder Phar-
ma-Konkurrent Bayermit seinemGrants-
4Apps-Accelerator suchen diese Kontak-
te. „Kaum eine etablierte Firma ist heu-
te noch nicht an einem Inkubator- oder
Accelerator-Programm beteiligt, um den
Austausch mit Start-ups und Forschern
aus den Life Sciences zu fördern“, sagt
Malte Behmer, IHK-Branchenkoordina-
tor Gesundheitswirtschaft, „eine derar-
tige Dichte an offenen Forschungs- und
Entwicklungszentren ist in Deutschland
einzigartig.“
Seit Anfang 2016 hat Pfizer zum Bei-
spiel für die Jungunternehmer des däni-
schen Start-ups Cortrium Büroplätze am
Potsdamer Platz reserviert. Sie entwickel-
ten ein kleines digitales Gerät für die Mes-
sung und Überwachung von Vitaldaten,
mit denen bestimmte Herz-Kreislauf-Er-
krankungen frühzeitig erkannt werden
können, und wollen es nun zusammen »
21.000
Unternehmen aus der Gesundheitswirtschaft
gibt es am Standort. Zusammen beschäftigen
sie 360.000 Mitarbeiter und erwirtschaften
einen Umsatz von 23 Mrd. Euro
FOTO: FOTOSTUDIO-CHARLOTTENBURG