TITELTHEMA
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BERLINER WIRTSCHAFT 02/17
Gesunde
Mischung
HealthCapital
In Berlin verbinden sich Wirtschaft, Wissenschaft und
Kliniken zu einem pulsierenden Zentrum der Gesundheitswirtschaft.
Große Pharmakonzerne kooperieren mit innovativen Start-ups
und etablierten Forschungseinrichtungen. Die Ergebnisse können
sich weltweit sehen lassen.
»
Von Almut Friederike Kaspar
TITELTHEMA
E
s war ein Start-up, das der
24-jährige Karl Pfizer 1849mit
seinem Cousin Charles Erhart
und geborgten 2.500 Dollar in
NewYork gründete. Der Chemiker Pfizer,
erst ein Jahr zuvor aus Baden-Württem-
berg eingewandert, fing damals mit der
Produktion von Santonin an, einer Sub-
stanz gegen parasitäre Würmer. Heute
gehört die Pfizer Inc. mit knapp 100.000
Beschäftigten zu den größten Pharma-
konzernen der Welt – und profitiert
nun ihrerseits von der Kreativität junger
Start-up-Unternehmer.
Als die Pfizer Deutschland GmbH
2008 ihre Zentrale von Karlsruhe nach
Berlin verlegte, war das ein wohlüberleg-
Innovatives Klima
2008 verlegte Pfizer seine
Deutschland-Zentrale von Karlsruhe nach Berlin
– wegen der vielfältigen Forschungslandschaft.
Start-up-Kooperation
Pfizer unterstützt junge
Firmen und nutzt ihr Potenzial. Viomedo etwa hat
eine Plattform für klinische Studien entwickelt, die
Pharmaunternehmen und Probanden vernetzt.
Pfizer Deutschland GmbH
und Viomedo GmbH
Peter Albiez, Vorsitzender der Pfizer-
Geschäftsführung (l.), Alexander Puschilov,
Viomedo-Gründer und -Geschäftsführer
FOTO: CHRISTIAN KIELMANN
ter Schritt. Der deutsche Konzernableger
mit mehr als 2000Mitarbeiternwollte das
schöpferische und wissenschaftliche Po-
tenzial der Hauptstadt für die Erforschung
und Entwicklung moderner Arzneimit-
tel nutzen – und hat den Umzug zu kei-
ner Zeit bereut. „Wir hätten keine bes-
sere Entscheidung treffen können“, sagt
Peter Albiez, Vorsitzender der Geschäfts-
führung. „In Berlin sind wir in ein Um-
feld gekommen, das für ein innovatives
Forschungsunternehmen wie das unsere
wie geschaffen ist.“
Allein die Zahlen der Gesundheits-
region Berlin-Brandenburg sprechen für
sich: Fast 21.000 Unternehmen der Bran-
che haben sich hier niedergelassen, dar-
unter 30 Pharmaunternehmen, 300Medi-
zintechnik- und 240 Biotech-Betriebe. Es
gibt über 130 Klinikenmit mehr als 35.000
Betten, darunter die Charité als größtes
Uniklinikum Europas, 70 Reha-Einrich-
tungen, über 600 Pflegeheime und mehr
als 1.200 Pflegedienste. Neben 24 Berliner
und sieben Brandenburger Hochschulen
mit über 200 fachbezogenen Studiengän-
gen arbeiten viele außeruniversitäre For-
schungseinrichtungen mit Schwerpunkt
in den Lebenswissenschaften, darun-
ter vier Max-Planck-Institute, zwei Leib-
niz-Institute und zwei Helmholtz-Zent-
ren. Primär der Gesundheit verschrieben
haben sich zudem neun Technologie-
parks, darunter der Campus Buch und
das co:bios Zentrum Hennigsdorf. Insge-
samt 360.000 Mitarbeiter zählt die regio-
nale Gesundheitswirtschaft, die auf einen
Umsatz von etwa 23 Mrd. Euro kommt.
„Dieser Standort ist einzigartig und
steht Gesundheitsregionen wie Boston
oder San Francisco in nichts nach. Vor
allem um unsere Forschungslandschaft
beneiden uns viele“, sagt Stefan Oelrich,
Sprecher des Clusters Gesundheitswirt-
schaft Berlin-Brandenburg und beim
Pharmakonzern Sanofi Leiter der Ge-
schäftseinheit Diabetes & Herzkreislauf-
erkrankungen in Europa (siehe Interview
S. 16). Und Professor Erwin Böttinger, Vor-
standsvorsitzender des Berlin Institute of
Health (BIH), ergänzt: „Berlin ist höchst
attraktiv für international renommier-
te Wissenschaftler.“ Sein BIH, das auch
als Berliner Institut für Gesundheitsfor-
schung firmiert und die Forschungska-
pazitäten der Charité und des Max Del-
brück Centrums für Molekulare Medizin
bündelt, hat gerade mit Elizabeth Black-
burn eine Nobelpreisträgerin in denWis-
senschaftlichen Beirat berufen können.
Das BIH ist eine von Bund und Land
Berlin finanzierte Körperschaft des öf-
fentlichen Rechts. „Hier wird erstmals in
Deutschland universitäre, also klinische »