Table of Contents Table of Contents
Previous Page  23 / 68 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 23 / 68 Next Page
Page Background

IHK AKTUELL & SERVICE

23

BERLINER WIRTSCHAFT 01/17

I

n unserem Land wird

häufig davon gespro-

chen, dass der Mittel-

stand das Rückgrat der Wirt-

schaft ist. Das dürfte auf

kaum eine Stadt so stark zu-

treffen, wie auf Berlin. Fast

90 Prozent der Mitgliedsun-

ternehmen der IHK beschäf-

tigen weniger als 100 Mitar-

beiter. Dazu gehören auch

die vielen schon in Berlin an-

gesiedelten Start-ups und

solche, die noch kommen

sollen. Aber steht für Berlin der Mittelstand wirklich im

Mittelpunkt, so wie es die Zahlen erfordern?

Die vordringlichsten Herausforderungen gerade der

vielen kleinen Mittelständler lassen sich schnell ausma-

chen. Es scheint kaum möglich zu sein, die offenen Stellen

zu besetzen. Dabei fehlt es nicht nur an Fachkräften, auch

Lehrstellen bleiben unbesetzt. Um imWettkampf mit den

Großen mitzuhalten oder sich dem internationalenWett-

bewerb zu stellen, zählt vor allem Geschwindigkeit. Hier-

für sind gerade die kleinen Unternehmen auf eine effi-

ziente Verwaltung und unkomplizierte Finanzierungs-

möglichkeiten angewiesen. Für die Innovationskraft des

Berliner Mittelstandes sind außerdem der Zugang zur viel-

fältigenWissenschafts- und Forschungslandschaft sowie

überwindbare Hürden für öffentliche Aufträge notwendig.

Der neuen Berliner Regierungskoalition kann man eine

gewisse Mittelstands-Orientierung nun nicht im Grund-

satz absprechen. Der Koalitionsvertrag enthält jede Menge

Versprechungen auch zu den oben angesprochenen The-

men. Die Digitalisierung der Verwaltung und das Bekennt-

nis zum E-Government-Gesetz inklusive einer schnellen

Umsetzung des Service-Kon-

tos lassen auf die baldige Ef-

fizienzsteigerung der Verwal-

tung hoffen. Eine Stärkung

der dualen Berufsausbil-

dung und die Förderung

eines Austausches zwischen

Wirtschaft und Wissenschaft

klingen ebenfalls besser, als

die leider ebenfalls angekün-

digte Prüfung einer – zu-

nächst branchenbezogenen –

Ausbildungsplatzabgabe. Ei-

ner innovationsfreundlichen

Vergabe mit entsprechenden Experimentierklauseln

könnten verschärfte ökologische und soziale Vergabekrite-

rien entgegenstehen. Allein also die ungewisse Umsetzung

lässt uns daran zweifeln, wie mittelstandsfreundlich unse-

re neue Regierung sein wird.

Das Kompetenzteamwird sich daher auch im Jahr 2017

für die dringenden Themen des Berliner Mittelstandes ein-

setzen und im Dialog mit Politik und Verwaltung auf die

richtigen Prioritäten drängen. Im Arbeitsprogramm stehen

darum zuallererst die „Karriere im Mittelstand“, die kon-

sequente Ausrichtung Berlins auf eine „Smart-City“ so-

wie eine mittelstandsfreundliche Wirtschafts- und Förder-

politik. Wer im Rahmen des Kompetenzteams Mittelstand

mitdiskutieren und sich einbringen möchte, ist herzlich

eingeladen. Kontakt:

www.ihk-berlin.de/kompetenzteam

MITTELSTANDSKOLUMNE

SEBASTIAN STIETZEL

Vorsitzender des Kompetenzteams Mittelstand der

IHK Berlin und Managing Partner der Marktflagge

GmbH Management & Investments

werbegebieten und zur Bewältigung der

stetig wachsenden Pendlerströme wer-

den keine Lösungen angeboten. Beim

Wirtschaftsverkehr soll erst einmal ein

Konzept erarbeitet werden. Radverkehr

und auch Lastenradverkehr spielen da-

bei eine zentrale Rolle.

Stadtentwicklung

Auch hierwerden vomneuen Senat Kon-

zepte geschrieben: Flächenentwicklung,

Standortmanagement sowie ein Stadtent-

wicklungsplan für Industrie und Gewer-

be stehen auf seiner Agenda. Die landes-

eigenen Gesellschaften sollen 6.000 neue

Wohnungen bauen. Erleichterungen für

den privaten Wohnungsbau sind hinge-

gen laut Koalitionsvertrag nicht geplant:

Von einemunbürokratischen Bauneben-

recht oder der Anrechnung von Baukos-

ten auf Mietpreis- und Belegungsbindun-

gen ist nicht die Rede.

Energie und Umwelt

Ein „Steuerungskreis Energiewende“

soll eingesetzt, das „Energie- und Kli-

maschutzprogramm“ fortgeführt wer-

den. Der Energiemarkt wird durch ein

landeseigenes Stadtwerk ergänzt. In der

Kreislaufwirtschaft bleiben etablierte öf-

fentlich-privatwirtschaftliche Lösungen

unberücksichtigt, während auf Bundes-

ebene die Einführung der Blauen Plaket-

te vorangebracht werden soll.

FOTO: AMIN AKHTAR

Der Koalitionsvertrag des neuen Senats

bietet gute Ansätze – das Kompetenzteam

wird sich für die Umsetzung stark machen

Mittelstand im

Mittelpunkt?