BERLINER WIRTSCHAFT 01/17
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MEINUNG & MACHER
blierte Vermögensverwalter und Privat-
banken ihr Angebot vollumfänglich digi-
tal anbieten können – natürlich komplett
individualisiert für den jeweiligen Part-
ner hinsichtlich seines Marktauftritts,
seiner Investmentexpertise und seinen
Inhalten. In diesem Kontext beschäfti-
gen wir uns auch intensiv mit der digi-
talen Beratung, richtig.
Wo konkret gibt es Handlungsbedarf?
Die erste Frage ist: Was genau ist eigent-
lich eine digitale Beratung? Wie unter-
scheidet sich die reine Bereitstellung
von Informationen von einer echten Be-
ratung? Da gibt es gute und praktikable
Ansätze. Diese gilt es gesetzlich zu veran-
kern. Genauso hinsichtlich der Anforde-
lisierung zielgerichtet abgebildet und da-
bei auch ThemenwieVerbraucherschutz
berücksichtigt werden können. Erfreu-
licherweise zeigt sich dafür mittlerwei-
le eine hohe Offenheit seitens der Poli-
tik. Zugleich müssen Fintechs die Pro-
zesse der Gesetzgebung verstehen, um
sich konstruktiv einbringen zu können.
S
ind Fintechs Konkurrenz für Banken oder
eher deren Zulieferer?
Der Begriff Fintech wird meiner Ansicht
nach häufig falsch verwendet – näm-
lich dann, wenn er mit Start-ups gleich-
gesetzt wird. Der Begriff steht eigentlich
für Finanztechnologie und die Digitali-
sierung der Finanzindustrie. Die entspre-
chenden Lösungen können von einem
Start-up, aber auch von einem etablier-
ten Unternehmen kommen. Es stellt sich
eher die Frage: Wer übernimmt künf-
tig welche Aufgabe im Finanzsystem?
Denn dort gibt es keine komplette Stand-
alone-Lösung.
Und wie lautet Ihre Antwort?
Durch die Digitalisierung wird die tra-
ditionelle Aufgabenverteilung aufgeho-
ben und es kommen neue Dienste da-
zu, die noch keiner auf dem Radar hat.
Es entstehen neue Wettbewerbssituati-
onen genauso wie neue Kooperationen.
ImErgebnis gilt:Wer erfolgreich seinwill
– egal ob als etablierter oder neuer An-
bieter – der muss irgendetwas systema-
tisch wesentlich besser machen als alle
anderen. Ich halte insofern auch nicht für
ausgeschlossen, dass ein heutiges IT-Un-
ternehmen künftig Finanztechnologien
anbietet – einfach weil es dies mögli-
cherweise am besten macht.
Wir groß können denn die heutigen Start-
ups aus der Fintech-Szene eines Tages wer-
den?
Fintechs können sehr groß werden. Bei-
spiele gibt es ja. Paypal hat heute 200Mil-
lionen Nutzer. Alipay hat auf der Zah-
lungsseite über 400Millionen Nutzer und
Ant Financial über 90 Milliarden Dollar
Assets under Management. Wir sollten
auch in Deutschland das Ziel haben, gro-
ße und global erfolgreiche Unternehmen
zu entwickeln. Das Potenzial ist in jedem
Fall vorhanden.
Chris Bartz verfügt über 20 Jahre Erfahrung in der Finanzbranche
FOTO: CHRISTIAN KIELMANN
CHRIS BARTZ
CEO & Mitgründer von Elinvar
Wer erfolgreich sein will – egal ob als etablierter oder
neuer Anbieter – der muss irgendetwas systematisch
wesentlich besser machen als alle anderen.
rungen an die Dokumentation: Eine im
Gespräch vorgesehene Unterschrift passt
aufgrund des Mediums nicht. Auf der an-
deren Seite ist digital eine höhere Trans-
parenz und eindeutigere Dokumentation
möglich. Auch die Vermeidung von Me-
dienbrüchen ist für den gesamten Pro-
zess elementar – Digitalisierung und Fax
schließen sich aus.
Also müssen Fintechs Regulierungsprozes-
se aktiv begleiten.
Ich sehe das als Chance für alle Partei-
en. Die Regulatorikmuss sichweiterent-
wickeln. Der Gesetzgeber muss verste-
hen, was da im Moment passiert. Es gilt
die digitalen Geschäftsmodelle zu ken-
nen, damit die Möglichkeiten der Digita-