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UNTERNEHMEN & MÄRKTE

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BERLINER WIRTSCHAFT 04/17

Digitalisierung –

Fluch oder Segen?

Beim 18. Tag der Versicherungswirtschaft im Ludwig Erhard

Haus wurde deutlich, wie groß das Spannungsfeld ist, in dem

sich die Branche bewegt

»

Von Friedrich Brieger

D

ie Versicherungswirtschaft

der Zukunft scheint nur ei-

ne Richtung zu kennen: to-

tal digital. Doch das Abso-

lute dieser Position provoziert auch Wi-

derspruch, und so war für den 18. Tag

der Versicherungswirtschaft im März ei-

ne spannende Diskussion zu erwarten.

Den Rahmen setzte Dr. Florian Elert,

Professor für Versicherungsmanagement

an der Hamburg School of Business Ad-

ministration, mit seinem Einführungs-

vortrag, in dem er die klassische Versi-

cherungswirtschaft mit den digitalen

Möglichkeiten kontrastierte. Kundenbe-

ziehungen bestünden zwar oft über Jah-

re, jedoch sei der Kundenkontakt seltener

als in anderen Branchen. Durch mobile

Endgeräte aber sind häufige Kontakt-

punkte entstanden, an die Online-An-

bieter andocken. Auch ermöglicht die Di-

gitalisierung ein anderes Tempo, daraus

resultieren schnelle und kundenspezifi-

sche Angebote. Genau das erwartet der

Kunde heute von seinemVersicherer. Die

Branche sollte also darüber nachdenken,

wie sie die digitale Kundenschnittstelle

zurückerobern kann. Auch die Verzah-

nung mit digitalen Services wie etwa im

Smart-Home-Bereich macht Versiche-

rung in der Kundenwelt neu erlebbar.

Grundsätzlichwarb auch Ulrich Neu-

mann, Vizepräsident des Bundesver-

bandes der Assekuranzführungskräfte

(VGA), dafür, die neuen Entwicklungen

anzunehmen, um mehr Kundennutzen

zu schaffen. Er räumte jedoch ein, dass

sich dieVersicherungsgesellschaften – als

große „Tanker“ – auf diese neuen Anfor-

derungen weniger agil einstellen könn-

ten als digitale Versicherungs-Start-ups.

Dr. Hans-Georg Jenssen, Geschäfts-

führender Vorstand des Verbands Deut-

scher Versicherungsmakler, stellte die

Kompetenz der Versicherungsmakler in

den Vordergrund: Versicherung werde

immer beratungsbedürftig bleiben. Es sei

deshalb fraglich, ob dieVersicherungsver-

mittlung über alle Stufen digitalisierbar

sei. Ohnehin sei einewirkliche Disruption

durch junge Start-ups nicht zu erkennen,

viele betrieben imKern klassisches Mak-

lergeschäft. Bei allen technischen Mög-

lichkeiten sei deshalb weniger von ei-

ner Revolution denn von einer Evoluti-

on der Branche zu sprechen. Auf kom-

mende Entwicklungsschritte werde sich

die Branche selbstverständlich einstel-

len; dies sollten Makler und Versicherer

jedoch gemeinsam angehen.

Nach Einschätzung der Runde zeich-

nen sich folgende Perspektiven für die

nächsten fünf Jahre ab: Die Versiche-

rungsbranche wird verstärkt kunden-

orientiert denken und mit ihren Dienst-

leistungen an der digitalen Schnittstel-

le präsenter sein. Generell wird sich die

Wertschöpfungskette durch Vernetzung

ausweiten, aber auch mehr branchen-

fremde Konkurrenz anlocken.

FOTOS: CHRISTIAN KRUPPA

Prof. Dr. Florian Elert, Moderator Dr. Marc Surminski, Dr. Hans-Georg Jenssen, Ulrich Neumann (v. l.)

Prof. Dr. Florian Elert übernahm die Einführung