NEUE UNTERNEHMEN & MÄRKTE
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BERLINER WIRTSCHAFT 04/17
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Der ungekürzte Text ist zu
finden unter:
www.gruenderszene.de4. Sperrjahr
Nach der Bekanntmachung der Auflösung
beginnt das sogenannte „Sperrjahr“ (§ 73
Abs. 1 GmbHG). Es dient dem Gläubiger-
schutz und bringt ein verschärftes Aus-
schüttungsverbot mit sich. Das bedeutet,
dasswährend des Sperrjahres jedeVermö-
gensverteilung an die Gesellschafter ver-
boten ist. Erlaubt sind nur Zahlungen an
Drittgläubiger (zum Beispiel Telekommu-
nikationsdienstleister, Lieferanten, etc.).
5. Vermögensverteilung und Löschung
Wenn das Sperrjahr abgelaufen ist und
alle Geschäfte der Gesellschaft been-
det sind, kann das restliche verbliebe-
ne Vermögen der Gesellschaft an die Ge-
sellschafter verteilt werden. Mit dieser
Verteilung des Vermögens auf die Ge-
sellschafter ist die Liquidation beendet.
Nun muss noch der Liquidator das Erlö-
schen der Gesellschaft im Handelsregis-
ter eintragen. Hierbei ist die Bekanntma-
chung zur Auflösungserklärung mit dem
dazugehörigen Gläubigeraufruf vorzule-
gen. Die Buchführungspflicht endet je-
doch keineswegs mit der Liquidation der
Gesellschaft. Die Handelsbücher der Ge-
sellschaft und der Schriftverkehr müs-
sen insgesamt zehn Jahre lang aufbe-
wahrt werden.
Vorgeschrieben ist diese Aufbewah-
rungsfrist im § 257 HGB. Die Handels-
bücher bleiben entweder bei einem der
Gesellschafter oder werden einem Drit-
ten zur Aufbewahrung übergeben. Hier-
bei ist darauf zu achten, dass die Bestim-
mung desjenigen, der die Bücher aufbe-
wahrt, entweder im Gesellschaftsvertrag
oder einemGesellschafterbeschluss fest-
gehalten wird. Dies dient dem Nachweis
der Aufbewahrungspflicht.
Wer ein Start-up gegründet hat, fragt
sich jetzt wahrscheinlich, warum man
den Aufwand einer Liquidation über-
haupt betreiben sollte, statt die Gesell-
schaft in eine Insolvenz zu führen. Zu-
nächst ist daran zu denken, dass das
Insolvenzverfahren erhebliche Haf-
tungs- und Anfechtungsrisiken für die
Gesellschafter und Geschäftsführer mit
sich bringt. Auch strafrechtliche Konse-
quenzen müssen in diesem Zusammen-
hang berücksichtigt werden. Bei einer Li-
quidation werden keine insolvenzspezi-
fischen Straftaten geprüft.
Daneben behalten die Gründer bis
zum Schluss die Verfügungsmacht über
ihr Unternehmen. In der Insolvenz hat
hingegen der Insolvenzverwalter das Ru-
der in der Hand.
Letzten Endes, und dies kann bei ei-
nem Neustart entscheidend sein, erntet
man für die Liquidation in der Regel auch
Anerkennung bei seinen Geschäftspart-
nern. Mit diesemWeg bringt der Gründer
sein Geschäft auf ordentlichemWege zum
Ende. Partner erleiden dabei keinen Scha-
den und sind von daher eher dazu bereit,
auch in der Zukunft eine Geschäftsbe-
ziehung mit den betreffenden Personen
einzugehen. Dies gilt auch in besonde-
rem Maße für professionelle Gläubiger
wie Banken, die auch bei einem Neustart
gebraucht werden.
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Christian Rissmann ist Rechtsanwalt und
Sanierungsberater, spezialisiert auf Insolvenz-
recht und Geschäftsführerhaftung.




