BERLINER WIRTSCHAFT 01/17
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TITELTHEMA
A
nders denken, anders han-
deln, anders steuern“, das ist
der Leitsatz von Maria Rei-
nisch, Vorsitzende von „Mei-
ne Energie für meine Stadt“, wenn es um
den Weg Berlins zur klimaneutralen Me-
tropole im Jahr 2050 geht. Gemeinsam
mit Topmanagern aus Wirtschaft, Wis-
senschaft und Politik möchte die Initi-
ative dabei helfen, die Stadt planvoll in
eine klimaneutrale Zukunft zu führen.
„Wir wollen die erneuerbaren Energi-
en stärker, bewusster und intelligenter
in das Gesamtsystem integrieren und da-
bei die bestehenden Infrastrukturen nut-
zen“, so Reinisch. „Wenn alle unsere Ide-
en umgesetzt werden, entlastet das die
EEG-Umlage und damit die Energiekos-
ten.“ In Summe könnten so zehn Prozent
des durchschnittlichen Stromverbrauchs
von Berlin flexibilisiert werden, was dem
Energieverbrauch einer mittleren deut-
schen Großstadt entspricht.
Initiativen wie diese sind wichtiger
denn je. Das zeigen folgende Zahlen: Al-
le 24 Stunden verbraucht die Menschheit
15,2 Mrd. Liter Erdöl. Diese Menge wür-
de einen Güterzug füllen, der vom Süden
Italiens bis zum Nordkap reicht. 14 der 15
wärmsten Jahre seit Beginn flächende-
ckender Messungen liegen im 21. Jahr-
hundert. DerweltweiteAusstoß von Koh-
lendioxid (CO
2
) ist seit 1990 um 60 Pro-
zent angestiegen. Fest steht: Klimaschutz
ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Nur durch
Zusammenarbeit undAnstrengungenvon
Politik, Wirtschaft und jedem Einzelnen
können ehrgeizige Klimaschutzziele er-
reicht werden. Berlin hat das Ziel ausge-
geben, bis 2050 die Gesamtsumme der
CO
2
-Emissionen im Vergleich zu 1990
ummindestens 85 Prozent zu verringern.
Ein zentrales Handlungsfeld auf dem
Weg dorthin ist die Energieversorgung,
die in Berlin zu mehr als 90 Prozent im-
mer noch durch fossile Energien gedeckt
wird. Einer der wichtigen Akteure in der
Hauptstadt ist dabei Vattenfall. „Für die
Energiewende brauchen wir in Zukunft
vor allem eine Wärmewende - also die
klimaneutrale Ausgestaltung derWärme-
versorgung“, erklärt Gunther Müller. „Der
wichtigste Hebel für die Wärmewende
liegt in der Wärmerzeugung“, ergänzt der
Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Wär-
meAG. Das Unternehmen plant unter an-
derem bis zum Jahr 2030 die Erzeugung
vonWärme unter demEinsatz von Strom,
auch unter demBegriff Power to Heat be-
kannt, für die Fernwärme weiter massiv
auszubauen. So wird beispielsweise eine
intelligente Kombination aus einer gas-
gefeuerten Fernwärme-Erzeugungsanla-
ge und einemWärmespeicher den Stein-
kohleblock des Heizkraftwerks Reuter in
Siemensstadt ersetzen.
Immerwichtigerwird bei derWärme-
wende nach Ansicht von Müller die ge-
meinsame Lösungsfindung auf lokaler
Ebene. „Sehr hilfreich sind dabei Quar-
tier-Workshops“, so der Vattenfall-Mana-
ger. „Gemeinsam mit der TU Berlin, an-
deren Infrastruktur-Unternehmen und
lokalen Akteuren setzen sich bei die-
sen Workshops alle gemeinsam an ei-
nen Tisch und spielen verschiedene Sze-
narien künftigen Kiez-Lebens durch: Wo
brauchen die Bewohnerwie viel Energie?
FOTOS: PA/THILO RÜCKEIS/TSP, VATTENFALL WÄRME AG, MAX LAUTENSCHLÄGER/DEUTSCHE BAHN
Nachhaltigkeits-Quartier
Auf
dem Euref-Campus werden
Themen wie energieeffiziente
Gebäude und intelligente Netze
modellhaft eingesetzt
Euref AG
Reinhard Müller,
Vorstandsvorsitzender
Wärme aus Strom
„Power to Heat“
nennt sich das Verfahren, bei dem
Energie in kombinierten Verfahren
effizient erzeugt wird
Vattenfall Wärme AG
Gunther Müller,
Vorstandsvorsitzender