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UNTERNEHMEN & MÄRKTE

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BERLINER WIRTSCHAFT 03/17

Großer Freund

der Genauigkeit

Er fertigte Nähmaschinen genauso wie Waffen, vor allem aber

legte der Unternehmer Ludwig Loewe Normen fest und war

auch mathematisch höchst versiert

»

Von Björn Berghausen (BBWA)

Nach dem Tod von Ludwig

Loewe 1886 übernahm sein

Bruder Isidor die Fabrik. 1897

zog sie in die Huttenstraße um

A

ls Ludwig Loewe am 7. De-

zember 1869 sein Unter-

nehmen in der Kreuzberger

Hollmannstra-

ße 32 gründete, hatte er kla-

re Ziele der modernen Un-

ternehmensorganisation vor

Augen: „Typenbeschränkung,

Normung, wissenschaftli-

che Arbeitsvorbereitung und

exaktes Messen.“

Was bedeutet das? Bei

der „Ludw. Loewe & Co. KG

a.A. für Fabrikation von Näh-

maschinen“ wurde anfangs nur ein ein-

ziges Modell einer technisch ausgereiften

Nähmaschine hergestellt, um Kosten zu

te das perfektionierte Messwesen für die

Gewährleistung wirklich gleichförmi-

ger Teile, deren Nachbearbeitung nahe-

zu wegfiel.

Das Unternehmen wurde nach Lud-

wigs Tod von seinemBruder Isidor (1848-

1910) ausgebaut: 1892 wurde die elektro-

technische Abteilung ausgegliedert in

die Union Elektricitäts Gesellschaft. 1894

gründete Loewe die Gesellschaft für elek-

trische Unternehmungen, die als „Gesfü-

rel“ eine der bedeutenden Finanzierungs-

gesellschaften der Elektrifizierung war.

1898 floss die Abteilung Waffenfertigung

in die neuen Deutschen Waffen- und

Munitionswerke ein, deren bekanntestes

Produkt die Parabellum-Pistole wurde.

1897/98 zog das Unternehmen in die

Huttenstraße 17-20, wo 1907 das auffälli-

ge Verwaltungsgebäude vonAlfred Gren-

ander hinzukam. 1929 fusionierte Loe-

we mit der Gesfürel. Loewe produzier-

te Maschinen und Maschinenteile: von

der Stiftschraube für die Automobil- und

Elektroindustrie über Druckgussteile für

Büromaschinen, Haushaltsgeräte oder

Funk- und Fernsehgeräte bis hin zu me-

chanischen und elektrischen Zählern.

1936 wurden Isidors Söhne Erich und

Egon Loewe sowie Schwiegersohn Oskar

Oliven (1870-1939) von den Nazis ins Exil

vertrieben. Loewe setzte in den Kriegs-

jahren Zwangsarbeiter ein, mehrere hun-

dert waren in Lagern untergebracht.

Nach Zerstörungen und Demontage

fing das Unternehmen nach dem Krieg

mit 200 Mitarbeiternwieder an, 1937 hat-

ten hier noch 3.100 Menschen gearbei-

tet. Es ging wieder bergauf, bis Ende der

1950er Jahre dann die Auftragslage knapp

wurde.

1963 wurde es Teil des AEG-Telefun-

ken-Konzerns und 1967 der Deutschen

IndustrieanlagenAG . Im Jahre 1980wur-

den die Reste des Unternehmens verkauft

und 1983 endgültig abgemeldet.

senken. Als Loewe 1879 von den Nähma-

schinen abließ und sichWaffenteilen und

Werkzeugmaschinen zuwendete, wurde

die Produktion auf wenige

Typen mit möglichst vielen

Normteilen beschränkt.

Mangels Vorbildern legte

das Unternehmen Loewe ei-

gene Normen fest, nach de-

nen in einer Spezialfabrik für

Normteile ab 1902 produziert

wurde. Diewissenschaftliche

Arbeitsvorbereitung schloss

eine mathematische Vorbe-

rechnung der Bearbeitungskosten ein,

womit Loewe zum Vorreiter der Selbst-

kostenrechnung wurde. Außerdem sorg-

Produzierte nach Maß:

Ludwig Loewe

UNTERNEHMENSHISTORIE

FOTOS: BBWA