Berliner Wirtschaft März 2024

Liste anlegen, wer überhaupt als Käufer infrage kommt, bei wem sich der Aufbau einer Beziehung also lohnt. Stellt sich die Frage, wo man mit diesen Menschen ins Gespräch kommen kann. Messen und Events sind hier häufig die Plattform der Wahl, aber letztlich ist die Investorenwelt ein Ökosystem, das Gründer betreten und darin Kontakt zu den richtigen Personen aufbauen müssen. Im Idealfall schafft man sich so ein Netzwerk an potenziellen Käufern, die das Unternehmen und dessen Fortschritt nicht nur wohlwollend verfolgen, sondern auch eine persönliche Beziehung dazu haben. Ein gemeinsames Mittagessen im Jahr reicht da oft schon aus. Möglichen Käufern wehtun Ein großartiger Weg, das Interesse potenzieller Käufer zu wecken, ist es, ihnen Marktanteile abzujagen. Mal angenommen, ich biete biologisches Hundefutter an: Nichts wird etablierte Tierfutter-Player so schnell auf den Plan rufen wie der Erfolg meiner Marke bei den Öko-Vierbeinern. Ist mein Hundefutter in einer Nische so erfolgreich, dass es „die Großen“ ärgert, überlegen sie sich, ob sie versuchen nachzuziehen oder ob sie gleich das gesamte Unternehmen übernehmen. Dieses Prinzip gibt es natürlich nicht nur im Einzelhandel, sondern in allen Branchen – von Robotics bis zu Software. Nicht zu unterschätzen ist hier auch die Bedeutung der Kunden: Hat mein Unternehmen Kunden, die für den Investor oder Wettbewerber attraktiv sind, so ist eine Akquise ein einfacher Weg, diese Kunden zu gewinnen. Großkonzerne haben eigene M&A-Abteilungen, die ein Auge auf die „kleinen“ Player haben und eine Übernahme prüfen. Langfristig in Kommunikation investieren Natürlich ist nicht jede Firma in der komfortablen Situation, dass die Käufer Schlange stehen. Oft müssen Unternehmen aktiv daran arbeiten, überhaupt als erfolgreich wahrgenommen zu werden. Viele Gründer unterschätzen hier die Rolle guter PR, die auch in das Investoren-Universum hineinwirkt. Wenn kontinuierlich über den Erfolg einer Firma berichtet wird, schafft das Vertrauen in die tatsächliche Performance. Das braucht allerdings Zeit. Um kontinuierliche und Reputation fördernde Beachtung in den Medien zu bekommen, sollte schon mehr als ein Jahr eingeplant werden. Hier müssen Gründer wirklich langfristig denken, was aber leider immer noch viel zu selten der Fall ist. Gerade in der B2B-Welt glauben immer noch zu viele daran, dass allein das Produkt überzeugt, und vergessen darüber die Kommunikation. Wer hingegen früh anfängt, seine Vision und seinen Erfolg öffentlich zu machen, wird auch einfacher Käufer finden. Auf die richtigen Menschen setzen Wie oben erwähnt, verfügen nicht wenige Konzerne über eigene M&A-Abteilungen. Nehmen wir einen Mischkonzern mit einer großen Elektrotechnik-Sparte. Wo ergibt es mehr Sinn, mit einer visionären Unternehmung für ein Elektrotechnik-Produkt zu überzeugen? Bei den M&A-Kollegen, die den Deal abwickeln, oder bei den Leuten aus der Fachabteilung, die operativ von einem Zukauf profitieren? Meine Empfehlung ist, immer bei den Menschen eine Vision zu entfachen, die nah am Produkt oder der Technik sind. Die Fachabteilung kann in den internen Gremien wesentlich besser den Nutzen einer neuen Technik erläutern. Außerdem haben die Personen aus der M&A-Abteilung oft nichts durch einen Zukauf zu verlieren. Die Fachabteilung hingegen muss operativ mit der gekauften Firma und deren Produkt arbeiten – und bekommt es direkt zu spüren, wenn es an irgendeiner Stelle hakt. Deshalb ist die Empfehlung, bei den wahren Entscheidern ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen. Immer vorbereitet sein Der letzte Tipp für alle Gründer lautet: Ihr wisst nie, wann ein Käufer auf den Plan tritt, also seid besser gut vorbereitet. Es ist naiv, zu glauben, dass es reicht, dass ein Unternehmen einfach so eindrucksvoll ist, dass niemand auf den Papierkram schaut. Es sind immer Gremien involviert, die erst einmal einen Blick in die Bücher werfen wollen. Die Lösung ist hier ein „aktueller digitaler Datenraum“: Das heißt, dass alle Unternehmensdaten digital vorliegen und auf dem neuesten Stand gehalten werden. Das Ziel sollte sein, immer transaktionsfähig zu sein. Das schafft Vertrauen in das Management des Unternehmens. Darüber hinaus ist ein schneller Prozess immer vorteilhaft für alle Beteiligten und erhöht die Chancen für einen erfolgreichen Deal. Alles in allem sollten sich Gründer bewusst sein, dass auch ein Unternehmen von Investoren und strategischen Käufern als Produkt wahrgenommen wird. Dementsprechend steigt der Kaufwille, je mehr dieses Produkt von einem Niceto-have zu einem Must-have wird. Dazu gehört neben cleverer Vermarktung vor allem Kommunikation. Wer also den Exit plant, sollte jetzt mit den richtigen Leuten ins Gespräch kommen. ■ Link zur Website der Gründerszene Die ungekürzte Version des Textes unter: gruenderszene.de (kostenpflichtig). Der Autor Philipp Schlüter ist Partner M&A bei der Beratungsgesellschaft Pava Partners Germany AG. Seine Bereiche sind Industrials Robotics sowie Technologie, Medien und Telekommunikation. Zuvor war er Partner bei der Beratungsgesellschaft Cowen. Christina Lüdtke, IHK-Fachreferentin Start-ups und Finanzierung Tel.: 030 / 315 10-405 christina.luedtke@ berlin.ihk.de Berliner Wirtschaft 03 | 2024

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