Berliner Wirtschaft 6/2018

BERLINER WIRTSCHAFT 06/18 24 MEINUNG & MACHER Das ist ja schon ein Schritt in Richtung Technolo- gie-Unternehmen. Wir haben tatsächlich eine eigene Firma gegrün- det, also ein eigenes Start-up initiiert, wenn Sie so wollen. Die Entwicklung hat mehr als ein Jahr gedauert. Wir glauben, dass wir heute über einen deutlichen technologischen Vorsprung verfügen. In den kommenden drei Jahren wollen wir 10 bis 15 Timerides aufbauen. Die guten Erfahrungen in Köln haben uns sehr viel Mut gemacht. Im Konzertgeschäft fehlt nicht nur die Wachstums- fantasie, Sie haben bereits erklärt, dass darin mitt- lerweile auch die Margen dünn sind. Das war doch vermutlich nicht immer so: Was hat sich geändert? Die Künstler haben weitgehend ihre Einnahmen aus dem klassischen Tonträgerverkauf durch Downloads und Streamings verloren. Sie müs- sen das heute mit Live-Konzerten ausgleichen, und das trägt erheblich zum Margendruck bei. Wir erleben auch an anderen Stellen erhebliche Kostensteigerungen. Es kann sich keiner vorstel- len, was eine Halle wie die Mercedes-Benz Arena amAbend kostet. Ein paar zehntausend Euro pro Abend gehen auch an die Gema. Schließlich spielt der Weltmarktführer Live Nation seine Markt- macht aus. Nirgends auf der Welt haben Sie im Konzertgeschäft heute noch zweistellige Margen. Ihr Börsenkurs und die Umsätze schwankten in den letzten Jahren kräftig. Ist Ihr Geschäft so volatil? Als Unternehmer müssen Sie immer etwas unter- nehmen. Manchmal machen Sie das Richtige, und manchmal machen Sie auch etwas falsch.Wir ha- ben in den Jahren 2015 und 2016 kein Glück mit demEinstieg in das Festival-Segment gehabt. Das führte dazu, dass wir Anlaufverluste bilanzieren mussten. Wir haben dieses Segment schnell wie- der verlassen und uns 2016 und 2017 neu positi- oniert. 2017 war schon wieder ein gutes Jahr. Mit unserer neuen Positionierung habenwir auch die Anleger überzeugt. An der Börse ist der Kurs von Mitte April bis Mitte Mai um fast 30 Prozent ge- stiegen. Jetzt ist wieder Musik drin. Womit überzeugen Sie die Investoren? Wir haben heute mit Myticket.de, mit Timeride, aber auch mit dem Christmas Garden Geschäfts- felder, die sehr viel margenstärker sind als Kon- zerte.Wir bedienen außerdem alle Altersgruppen – von 5 bis 95. Die Kinder gehen zu Rolf Zuckow- ski, die Älteren zu André Rieu. Unser Geschäft ist auch viel planbarer geworden. Die Volatilität im Rock- und Pop-Bereich ist grandios. Es kann heu- te niemand genau vorhersagen, wie viele Ein- trittskarten Justin Timberlake im nächsten Jahr verkauft oder welche Künstler 2019 ein ganzes Stadion füllen. Deshalb sind planbare Projekte von hoher Relevanz. Wenn Sie zurückblicken:Waswaren für Sie diewich- tigsten Meilensteine in der Entwicklung der DEAG? In den ersten zehn Jahrenwarenwir noch ein ört- licher Konzertveranstalter. Heute ist es kaumvor- stellbar: Aber wir mussten damals dringend et- was für denTourismus in der Stadt tun. Berlinwar von Anfang Juni bis Ende September fast ausge- storben. 1981 habenwir begonnen, dieWaldbühne zu bespielen. Ein Highlight in dieser Periode war für mich André Hellers „Feuertheater“ 1984 am Reichstag. 1987 folgten die Konzerte amReichstag mit David Bowie, Michael Jackson und Pink Floyd. Dann fiel dieMauer.Was bedeutete das für die DEAG? Wir haben uns danach auch geöffnet, ein Büro in Hamburg gegründet und eigene Shows pro- duziert. 1998 folgte – etwa zeitgleich mit unserer Prof. Peter Schwenkow formt die DEAG zum Dienstleistungskonzern für Entertainment FOTO: CHRISTIAN KIELMANN Peter Schwenkow betätigte sich auch in der Politik: Von 2006 bis 2011 saß er im Berliner Abgeordne- tenhaus. 1987 veranstaltete das Un- ternehmen Konzerte von David Bowie, Michael Jackson und Pink Floyd am Reichstag.

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