Berliner Wirtschaft Dezember 2023

Die Hauskrankenpflege Dietmar Depner GmbH versorgt in 17 Wohngemeinschaften pflegebedürftige und demente ältere Menschen. Geschäftsführerin Anett Hüssen setzt als Vorreiterin ihrer Branche auf Digitalisierung, um die Leistungen mit den Kassen und öffentlichen Stellen effizient abrechnen zu können. Bislang stößt sie bei ihren Gegenübern aber auf wenig Verständnis, wenn sie zeitgemäße Prozesse absprechen will. Berliner Wirtschaft: Sie kämpfen für mehr Digitalisierung in der Pflege. Woher kommt die Affinität Ihrer Branche zu digitalen Abläufen? Anett Hüssen: Die Pflegebranche wird beim Thema Digitalisierung von Prozessen mit Schnittstellen nicht gehört. Digitalisierung ist ein spezielles Anliegen von mir. Ich werde oft gefragt, woher die Leidenschaft kommt. Es liegt wohl an meiner beruflichen Vergangenheit in einer Bank. Dort habe ich erlebt, wie Prozesse konsequent digitalisiert werden und somit viel effizienter und sicherer ablaufen. Ich glaube, dass gerade in stark regulierten Branchen die Digitalisierung große Effekte haben kann und damit sehr wichtig ist. Als ich 2016 mit meinem Mann die Hauskrankenpflege Dietmar Depner gekauft habe, haben wir die Firma vom Kopf auf die Füße gestellt ... … und vermutlich entsprechend digitalisiert. Jedenfalls soweit das möglich ist. Für mich gehört es zu einem professionellen Anspruch dazu, zeitgemäße Abläufe einzurichten. Wir sind mit 250 Mitarbeitern so groß, dass wir eine Stabsstelle für Digitalisierung einrichten konnten. Ich selbst kann nicht professionell pflegen. Ich kümmere mich um die kaufmännische und strategische Seite. In kleinen Pflegediensten kommt die Leitung in der Regel aus der Pflege und muss immer wieder einspringen, wenn Fachkräfte fehlen. Ich kann mich mit meiner Geschäftsführungskollegin voll auf das Management des Unternehmens konzentrieren. Bei der Digitalisierung sind uns leider aber Grenzen gesetzt. Warum? Schon bei der Abrechnung unserer Leistungen ist es sehr kompliziert. Wir schicken Rechnungen an die Pflegekassen, die Krankenkassen, die Bezirksverwaltungen und mitunter auch an die Pflegebedürftigen selbst. Und noch immer sind diese Rechnungen papierbasiert. Selbst bei Abrechnungen über Schnittstellen senden wir zusätzlich einen Umschlag mit Dokumenten. Warum gehen einige Ihrer Ausgangsrechnungen denn an die Bezirksverwaltungen? Die springen ein, wenn die Pflegebedürftigen die hohen Kosten allein und aus dem Anspruch an die Kassen nicht tragen können. Das ist die sogenannte Hilfe zur Pflege. Womit wird das Verlangen nach einer Papierrechnung begründet? Das sind ganz unterschiedliche Gründe. Mit den Krankenkassen gibt es immerhin schon einen sogenannten Datenträgeraustausch. Aber sie wollen am Ende trotzdem noch mehrere Blätter Papier von uns haben, weil die gepflegten Personen oder deren Betreuer am Ende noch unterschreiben müssen, dass wir wirklich die einzelnen Pflegeleistungen erbracht haben. Die Unterschrift darf aber nicht auf einem Tablet geleistet werden. Es geht mir aber längst nicht nur um die Rechnungsstellung. Wir erleben auch an vielen anderen Stellen unnötige Bürokratie, die den Verwaltungsaufwand enorm in die Höhe treibt. Wo denn? Beispielsweise hat das Bezirksamt, wenn es Hilfe zur Pflege zahlt, den Anspruch, Pflegeberichte zu sehen. Wir erstellen diese Pflegeberichte aber längst digital. Ich könnte also sehr schnell und jederzeit einen » Anett Hüssen Geschäftsführerin Neben ihrem Beruf als Chefin der Dietmar Depner Hauskrankenpflege GmbH engagiert sich Anett Hüssen in der IHK Berlin als Vorsitzende des Ausschusses „Funktionierende Stadtverwaltung“. Im Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste. ist sie im Vorstand der Landesgruppe Berlin. Papier will Anett Hüssen in ihrem Büro nur in Form von Fachbüchern haben. Dokumente speichert sie elektronisch FOTOS: AMIN AKHTAR Berliner Wirtschaft 12 | 2023

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