Berliner Wirtschaft Juni 2023

Nicole Srock.Stanley Geschäftsführerin 1999 hat Nicole Srock.Stanley mit Partnern die Dan Pearlman Group gegründet, eine Gruppe inhabergeführter, strategischer Kreativagenturen. Innerhalb der Agenturgruppe ist sie als CEO der Dan Pearlman Markenarchitektur GmbH tätig. Innenarchitektur hat Nicole Srock.Stanley studiert. Mit ihrer Agentur liefert sie ganzheitliche Kreativkonzepte Als Mitgründerin und Co-Geschäftsführerin der Agenturgruppe Dan Pearlman ist Nicole Srock.Stanley mit Marken- und Unternehmensstrategie beschäftigt. Unter anderem bewegt sie die Frage, wie die Zukunft des stationären Einzelhandels aussieht und wie sich die Branche mit den Mitteln der modernen Freizeitindus- trie revolutionieren lässt. In jedem Fall, so meint sie, müssen sich auch städtische Flächen verändern. Erst die Corona-Krise, jetzt die inflationsbedingte Konsumzurückhaltung: Machen Sie sich Sorgen um den stationären Einzelhandel in Berlin? Nicole Srock.Stanley: Diese Sorgen gibt es nicht erst seit Corona. Seit fast 15 Jahren spricht man vom Retail-Sterben. Zuletzt hat sich dieser Prozess beschleunigt. Aber wir beobachten auch, dass Quartiere, die gut funktionierten, jetzt auch noch gut funktionieren. Wenn mal ein Händler oder eine Händlerin aufgibt, dann kommt sofort ein nächster, weil die Lagen eine hohe Qualität haben und sehr beliebt sind. An den Orten, die schon vorher dysfunktional waren, droht jetzt aber jegliche Qualität verloren zu gehen. Es ist schwer, jemand zu finden, der dort ein leeres Ladengeschäft übernimmt. Was verstehen Sie in dieser Hinsicht unter dysfunktional? Die Währung, in der sich eine Lage bezahlt macht, ist immer die Belebung. Dysfunktional ist ein Viertel, wenn die Leute keinen Anreiz mehr zum Kommen und Verweilen haben, weil zum Beispiel traditionelle Geschäfte wie der Metzger oder der Blumenladen nicht mehr da sind. Wenn auch sonst keine Retail-Konzepte nachrücken, die Menschen anziehen, wenn es kein Grün gibt, keine attraktiven Stadtmöbel und wenn das Auto das Viertel dominiert – dann ist ein Quartier dysfunktional. Und dann droht dem Einzelhandel eine Abwärtsspirale. Wie attraktiv finden Sie heute die Berliner Stadtzentren? Das Schöne an Berlin ist, dass es nicht nur ein Zentrum gibt und jedes eine eigene DNA und eigene gewachsene Strukturen hat. Mit seinen verschiedenen Kiezen ist diese Stadt sehr abwechslungsreich. Dennoch sind die einzelnen Zentren mehr oder minder funktional. Generell kann man sagen, dass zum Beispiel kleinere Kieze wie der Boxhagener Platz in Friedrichshain mit dem sehr kleinteiligen Einzelhandel und der Gastronomie und den Märkten eine sehr hohe Qualität haben. Quartiere, in denen das Auto Vorfahrt hat, haben in der Regel eine geringere Aufenthaltsqualität und funktionieren nicht so gut. Liegt also das Erfolgsgeheimnis eines Zentrums in der richtigen Mischung des Einzelhandels? Das reicht heute nicht mehr. Interessante Läden beleben eine Stadt, aber wenn sie nicht in einen funktionalen Stadtraum eingebunden sind, schaffen sie „Der Handel braucht attraktivere Zentren“ Nicole Srock.Stanley berät Einzelhändler auch im Wettbewerb gegen den E-Commerce. Ihr Rat: Die Kunden müssen mehr zum Verweilen in den Stadtzentren eingeladen werden von Michael Gneuss » Das Schöne an Berlin ist, dass es nicht nur ein Zentrum gibt und jedes seine eigene DNA hat. Nicole Srock.Stanley FOTO: AMIN AKHTAR FOKUS | Interview | 26 Berliner Wirtschaft 06 | 2023

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