Berliner Wirtschaft Juni 2022

als altgedienter Unternehmer doch noch auf die Seite der Politik zu wechseln. Dieser stellte die Chance heraus, sich als Senator für seine Hei- matstadt engagieren zu können, und betonte, dass dieses Motiv viele Verwaltungsmitarbeiter leite und ansporne. Er bat die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Verwaltung weniger als Ziel der Kritik, sondern als Partner zu begreifen. Doch die großen internationalen Themen drängten in der Diskussion rasch wieder in den Vordergrund. Wie es um die Versorgungssicher- heit Berlins angesichts der möglichen Abkopplung der Raffinerie in Schwedt stehe, kam die Frage aus dem Publikum, und ob man die Abhängig- keit vom chinesischen Markt verringern müsse. Schwarz zeigte sich zuversichtlich, dass ein Ölembargo aufgefangenwerden könne. Technisch sei es möglich, die PCK-Raffinerie auch mit nicht russischem Öl zu betreiben, auch politisch gebe es, im Notfall über das Energiesicherheitsgesetz, eine Handhabe dafür. Es könnte vereinzelte Eng- pässe bei der Versorgung geben, so Schwarz, sei- ner Einschätzung nach aber nur kurzzeitig. Auch vertraue er darauf, dass die Unternehmen flexibel genug seien, alternativ Kraftstoffe zu beziehen. Mit Blick auf die Handelsbeziehungen zu China riet er, diese nicht in Frage zu stellen – doch sollten Unternehmen gerade in Ländernmit riskantem politischem Umfeld genauer die Risi- ken des Engagements prüfen und Single-Sour- cing vermeiden. Es sei nicht fair, hohe Risiko- gewinne einzufahren, Verluste aber sozialisie- ren zu wollen. Gleiches gelte auch mit Sicht auf die Transformationskosten des Klimawandels, so Schwarz. Die Wirtschaft müsse diese als not- wendige Investitionen begreifen, an denen kein Weg vorbeigeht. „Wir können nicht mehr arbeiten wie in den letzten 30 Jahren“, appellierte Schwarz. Die wahren Kosten für Energie müssten in der Unternehmenskalkulation sichtbar werden. Er sei sich aber sicher, dass die Berliner Wirtschaft die Innovationen entwickeln werde, diesen Wandel zu bewältigen und daran zu wachsen. Zum Abschluss fragte Eder, wie es um die Motivation der Senatsmannschaft bestellt sei, die Stadt voranzubringen. Schwarz attestierte sich und seinen Kollegen große Ambitionen und den Willen zur pragmatischen Lösung, jenseits von ideologischen Gräben. „Die Grundstimmung ist gut“, fasste er zusammen. Man werde Entschei- dungen und Problemlösungen herbeiführen – auch wenn man dafür hin und wieder innerhalb der Koalition in die Eskalation gehen müsse. ■ Nicht nur Jan Eder stellte seine Fragen. Auch Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Akteure aus der Stadtgesellschaft nutzten die Möglichkeit, Antworten vom Wirtschaftssenator zu bekommen IHK-Mitglieder fragen ... Helmut Preuße, HPR Consulting: „Wenn Schwedt geschlossen wird, sitzt die Berliner Wirtschaft auf dem Trockenen. Gibt es einen Plan B, um Berlin zu versorgen?“ Es gibt keine grundsätzlichen Sorgen um die Versorgungs­ sicherheit. Technisch ist es möglich, Schwedt mit anderem Öl zu versorgen, politisch bietet das Energiesicherungsgesetz einen verlässlichen Handlungs­ rahmen.“ Martin Rennert, Einstein Stiftung Berlin: „Warum sind wir so langsam bei der Anerkennung von Abschlüssen? Nach wie vor haben viele Geflüchtete Probleme, in ihrem Beruf Fuß zu fassen.“ Wir haben seit 2015 viel bei der Integration Geflüchteter gelernt. Aber wir müssen noch schneller werden bei der Arbeitsmarktintegration. Ich glaube an die Lernfähigkeit von Verwaltung.“ FOTOS: CHRISTIAN KRUPPA AGENDA | Wirtschaftspolitisches Frühstück 12 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 06 | 2022

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUxMjI4