Berliner Wirtschaft Mai 2021

N achdemdie Bundesregierung ihren Ent- wurf zum Fondsstandortgesetz (FOG) dem Bundesrat vorgelegt hat, gaben die Ausschüsse der Länderkammer vor Kurzem ihre Empfehlungen hierzu ab. Die Bun- desrats-Ausschüsse sehen erheblichen Nachhol- bedarf, vor allem bei den vorgesehenen Steuer- erleichterungen für Mitarbeiterbeteiligungen an Start-ups, die das FOG neben weiteren auf- sichts- und steuerrechtlichen Maßnahmen zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland ent- hält. Das FOG, das zum 1. Juli 2021 in Kraft tre- ten soll, geht demnach zwar in die richtige Rich- tung, erreicht aber in seiner aktuellen Fassung noch keine signifikanten Steuererleichterungen für Mitarbeiterbeteiligungsmodelle. Start-ups wollen hoch qualifizierte Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter im internationalen Wettbewerb für sich gewinnen. Dazu müs- sen sie diesen neben dem Gehalt häufig auch eine Beteiligung an der erhofften und teilweise rasanten Steigerung des Unter- nehmenswerts gewähren. Bisher war es jedoch in Deutschland unattraktiv, dies über eine Beteiligung am Stammkapital des Start-ups (direkte Betei- ligung) vorzunehmen. Denn die unent- geltliche oder verbilligte Ausgabe von Gesellschaftsanteilen führt üblicherweise dazu, dass die Begünstigten Steuern in Höhe des jeweiligen Preisnachlasses zahlen müssen, und zwar schon zum Zeitpunkt des Einräumens der direkten Beteiligung, ohne dass ihnen aber gleichzeitig liquide Mittel zum Ausgleich zuflie- ßen. Dies ist unter demBegriff „Dry Income“-Pro- blematik bekannt. Daher weichen Start-ups meist auf die steuer- lich günstigeren „virtuellen Beteiligungen“ (auch VSOP genannt) aus, bei denen die Besteuerung erst mit Zufluss der Erlöse erfolgt (meist beim Unternehmensverkauf) – obwohl die Besteue- rung vonWertsteigerungen nach Erhalt der direk- ten Beteiligung (imRahmen der Abgeltungssteuer bzw. des Teileinkünfteverfahrens) wesentlich günstiger ist (effektiv etwa 26,5 bis 28,5 Prozent Steuerlast) als bei der Wertsteigerung einer vir- tuellen Beteiligung über die Lohnsteuer (effektiv bis zu 47,5 Prozent Steuerlast). Das FOG soll diese Ungleichheit bereinigen und direkte Mitarbeiter- beteiligungen für Start-ups attraktiver machen. Zur Vermeidung der „Dry Income“-Problema- tik soll laut Gesetzentwurf die Besteuerung des geldwerten Vorteils erst erfolgen, wenn … ➝ die Vermögensbeteiligung veräußert wird (entgeltlich oder unentgeltlich), ➝ nach Übertragung der Vermögensbeteiligung zehn Jahre vergangen sind oder ➝ das Dienstverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber (also dem Start-up) beendet wird. Zudem soll der steuerfreie Höchstbetrag für die Überlassung von Mitarbeiterbeteiligungen von 360 Euro im Kalenderjahr auf 720 Euro steigen. Voraussetzung für die Gewährung des Steuerauf- schubs ist, dass … ➝ das Unternehmen zumZeitpunkt der Anteils- überlassung die KMU-Definition der EU erfüllt ILLUSTRATION: GETTY IMAGES/ERHUI1979; FOTO: FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG Das neue Fondsstandortgesetz macht Beteiligungsprogramme attraktiver, hat aber noch erhebliche Mängel. Trotzdem könnten Start-ups schon Vorkehrungen treffen von Benedikt Mahr und Alice Niemann-Fritsch Angebote für Mitarbeiter Mitarbeitern ein Stück vom Unternehmens­ kuchen anzubieten, ist ein gutes Mittel, um sie im Wettbewerb für sich zu gewinnen SERVICE | Gründerszene 60 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2021

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