Berliner Wirtschaft April 2023

Ein bisher einmaliges IHK-Pilotprojekt für gerechte Straßenraum-Planung ist abgeschlossen und soll den Bezirken als Baustein für die Detailplanung dienen von Wendy Brandt und Dr. Lutz Kaden Lieferzonen mitdenken Alle Berliner Hauptverkehrsstraßen werden bis 2030 umgebaut. So schreibt es das Mobilitätsgesetz vor. Breite Radstreifen sollen die Straßen umwelt- und stadtverträglicher machen. Aber wo bleibt dann der Wirtschaftsverkehr? In der Berliner Straße/Grunewaldstraße in Schöneberg und Wilmersdorf haben die Umbauplanungen begonnen. Dafür hat die IHK Berlin in Kooperationmit der Senatsumweltverwaltung, dem Bundesverband Paket und Expresslogistik sowie der Fuhrgewerbe-Innung ein bisher einmaliges Pilotprojekt umgesetzt. Die Lieferbedarfe der ansässigen Unternehmen wurden genau untersucht und konkrete Empfehlungen für die Einrichtung von Lieferzonen abgeleitet. Die Kooperationspartner haben den rund 2,3 Kilometer langen Straßenzug unter anderemmit einer Unternehmensbefragung analysiert. Abgefragt wurden die Anforderungen an Lade- und Lieferdauer, Häufigkeit, Umfang, Fahrzeugart, Tageszeit und Ausweichmöglichkeiten. Die Befragung ergab, dass rund 90 Prozent der Unternehmen auf Lieferzonen im öffentlichen Straßenland angewiesen sind. Wegen fehlender oder zugeparkter Lieferzonen wird heute oft aus der zweiten Reihe geliefert. Warenlieferungen erfolgen hauptsächlich vormittags per Pkw, Kleintransporter oder leichtem Lkw. Den Einsatz von Lastenrädern sehen die Befragten grundsätzlich positiv, halten einen vollständigen Wechsel zur Belieferungmit demRad für nicht umsetzbar. Entscheidend ist, dass Lieferflächen konsequent vor Fremdnutzung geschützt werden. Die Kooperationspartner empfehlen, bei einer Neuaufteilung der Fahrstreifen die fünf im Straßenzug vorhandenen Lieferzonen deutlich zu erweitern und zwischen jeder Kreuzung und in jede Fahrtrichtung eine Lieferzone zu errichten. Die Empfehlungen der Studie erfolgten ausschließlich aus dem Blickwinkel der gewerblichen Bedarfe. Sie sollen den zuständigen Bezirken nun als Baustein für ihre Detailplanung im Abwägungsprozess dienen. Ziel ist nun, die Methodik des Pilotprojektes bei den Umbauplanungen von weiteren Straßen anzuwenden. Zudemwird die IHK ihre Erkenntnisse in die Erarbeitung eines Leitfadens für Lieferverkehre der Senatsverkehrsverwaltung einbringen. Denn die Prozesse zur Neuaufteilung des Straßenraums unterstreichen die bestehende hohe Flächen- und Nutzungskonkurrenz in Berliner Straßen. Sie bietet aber auch die Chance, entsprechende Flächen für das Liefern und Laden direkt mitzudenken. ■ 36% der Unternehmen bewerten die Liefer- situation schon heute mit mangelhaft oder sehr mangelhaft. Für den Wirtschaftsverkehr genutzte Fahrzeuge Je nach Produkt sind alle Lieferfahrzeuge im Einsatz (Mehrfachnennungen möglich). Kleine Grafik: Lademöglichkeiten der Unternehmen auf dem eigenen Firmengelände Bewertung der Situation für Unternehmen Neben Parkproblemen beklagen die Betriebe vor allem die schwierige Liefersituation (Angaben in Prozent) Grafiken: BW Quelle: IHK Berlin Pilotprojekt Alle Ergebnisse der Studie sind auf der IHK-Website zu finden: ihk.de/berlin/lieferzone Liefersituation Parksituation Bauliche Beeinträchtigung (Sehr gut = keine Beinträchtig.) Barrierefreiheit Einhaltung von Lieferzeiten sehr gut gut ausreichend mangelhaft sehr mangelhaft 19 3 20 18 20 22 37 13 8 25 27 23 7 20 33 19 8 20 8 39 30 17 28 26 10 Waren/Güter Versand Waren/Güter Empfang Dienstleistungen (Wartung o. Ä.) Baufahrzeuge Pkw Kleintransporter/Busse Lkw 7,5 t Lkw 12,5 t Schwerlast-/ Sondertransp. 30 25 20 15 10 5 0 Lastenfahrrad Unbekannt 11 89 nein ja 11 89 nein ja % BRANCHEN | Wirtschaftsverkehr | 32 Berliner Wirtschaft 04 | 2023

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