Berliner Wirtschaft März 2024

dass wir alle nur noch zu Fuß gehen werden. Ich glaube, man kann den Autoverkehr mit einer fußgängergerechten Stadt in Einklang bringen. Berlin hat große Persönlichkeiten, die sich dafür engagieren und Lösungen finden können. Ich finde sowieso: Berlin braucht mehr Leuchtturmprojekte für eine zukunftsgerechte Mobilität. Aber bei IAV steht das Auto noch im Mittelpunkt, oder denken Sie jetzt eher in Mobilitätslösungen? Wir beschäftigen uns im Wesentlichen mit dem Auto, das ist richtig. Aber wir denken natürlich weiter und betrachten das Auto mit all seinen Möglichkeiten beim Antriebsstrang und der Option des autonomen Fahrens. Die Technologien aus dem Bau von Pkws sind natürlich auch für andere Sektoren interessant. Deshalb entwickeln wir auch für Agrarfahrzeuge oder Windkraftanlagen. Wir haben auch schon Projekte für selbstfahrende Busse oder Konzepte für Lastenfahrräder gemacht. Wie weit blicken Sie bei IAV in die Zukunft? Wir müssen uns an den Erwartungshaltungen unserer Kunden orientieren. Und die wollen von uns wissen, welche Technologien und Lösungen sie in fünf Jahren auf den Markt bringen können. Da diese Fahrzeuge dann mindestens sieben weitere Jahre lang verkauft werden, müssen wir uns also überlegen, was in zwölf Jahren noch sinnvoll sein wird. Man kann also sagen: Wir machen uns Gedanken, wie der Verkehr in zwölf Jahren funktionieren wird. Worüber denken Sie dabei konkret nach? Natürlich über naheliegende Faktoren wie Komfort, Funktion oder Kosten. Aber wir sehen auch unsere Verantwortung gegenüber der Umwelt und der Gesellschaft und der Generation unserer Kinder. Auch deshalb haben alternative Antriebe und das autonome Fahren für uns eine hohe Bedeutung. Worin sehen Sie die Stärke der IAV? Gegenüber unseren Kunden bezeichnen wir uns heute als Tech Solution Provider. Dabei gibt es drei Felder, in denen wir besonders stark sind. Das erste ist der Antriebsstrang. Das sind unsere Wurzeln, damit hat das Unternehmen begonnen, als es vor 40 Jahren aus der Technischen Universität ausgegründet wurde. Heute ist es natürlich nicht nur der Benzin- und Dieselantrieb, wir beherrschen auch alle Hybride, die E-Fuels, Wasserstoff und alle batteriegetriebenen Varianten. Der zweite Schwerpunkt ist das Software Defined Vehicle. Was heißt das? Immer mehr Funktionen im Auto sind heute softwaregesteuert. Daraus ergeben sich in der Automobilentwicklung sehr viele Spezialfelder, in denen wir sehr gut sind. Jedenfalls bekommen wir entsprechendes Feedback von unseren Kunden. Das ist sehr positiv, denn Software ist für uns der Schlüssel zum Erfolg. Der dritte Schwerpunkt ist das Gesamtfahrzeuggeschäft. Das heißt: Wir können auch neuen oder etablierten Herstellern dabei helfen, ein ganz neues Fahrzeugkonzept zu entwickeln. Dafür braucht man eine gewisse Größe, die haben wir mit weltweit 8.000 Mitarbeitern. Ich dachte, die Autoindustrie hat Probleme mit der Transformation zum Software-Unternehmen, auch weil nicht genug Fachkräfte zu finden sind. IAV hat mit dieser Transformation sehr frühzeitig begonnen. Unsere Ingenieure haben sich weiterentwickelt und Software-Kompetenz erworben. Das ist wichtig, weil gleichzeitig das Geschäft mit dem Verbrennungsmotor schrumpfen wird. In Europa soll es 2035 zu Ende gehen. Wir glauben aber, dass es weltweit noch eine längere Zeit weiterleben wird. Außerdem können wir uns Konzepte auf Basis von Verbrennungsmotoren vorstellen, die zwar nicht Jörg Astalosch warnt angesichts des Wettbewerbs in der Branche vor Selbstzufriedenheit. Seine Firma gehört zu 50 Prozent VW und zu je zehn Prozent Schaeffler, Continental und Vitesco. 20 Prozent hält IAV selbst. Gut vernetzt Kontakt zu Jörg Astalosch auf Linkedin über den QR-Code: FOTO: AMIN AKHTAR Berliner Wirtschaft 03 | 2024

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