Berliner Wirtschaft März 2022

Philipp Schlüter ist M&A-Partner bei der Investmentban- king-Beratungsge- sellschaft Cowen, wo er Tech-Firmen bei Finanzierung und Verkauf berät. Zuvor war er Software- unternehmer im Video-on-Demand- und IPTV-Umfeld. Melina Hanisch, IH K-Fachreferentin Start-ups und Finanzierung Tel.: 030 / 315 10-527 melina.hanisch@ berlin.ihk.de Link zur Website der Gründerszene Die vollständige Version des Textes unter: gruenderszene.de (kostenpflichtig). Zusammenarbeit, die Zukunft hat. Gelingt ihnen das nicht in den Verhandlungsgesprächen, sollten sich beide Seiten anderweitig umsehen. Ohne Vertrauen geht es nicht Investoren haben Vertrauen in Gründer, Produkte, Dienstleistungen und darin, dass der Markt posi- tiv darauf reagieren wird. Um zu prüfen, ob Start- ups die vereinbarten Ziele erreichen, werdenMei- lensteine und Termine vereinbart. Wenn Grün- der wiederholt Ziele verfehlen und sich nicht an Absprachen halten, bröckelt das Vertrauen. Grün- der wiederum verlieren das Vertrauen, wenn der Investor nur verspricht und nicht liefert. Ein guter Weg für Gründer, langfristig Ver- trauen aufzubauen, ist ein stetiger Kontakt. Wenn etwa Gründer und Investor sich zu einem Zeit- punkt kennenlernen, zu dem es für den Investor zu früh ist, in das Unternehmen zu finanzieren, sollte der Gründer dempotenziellen Investor wei- terhin regelmäßige Updates zu Zahlen und Zie- len geben. So entsteht ein Vertrauensverhältnis, aus dem dann auch ein guter Deal werden kann. Ausgeglichenes Abhängigkeitsverhältnis Investoren sind anspruchsvoll, immerhinmöch- ten sie ihren Einsatz vervielfachen. Das ist mit Ansprüchen verbunden. Der Businessplan der Gründer sollte daher stimmig sein und der Pro- totyp ansehnlich. Die ideale Partner-Kombina- tion besteht aus einem smarten Gründer mit einer tollen Idee und einem exzellenten Investor mit gutem Ruf und großem Netzwerk. Das wäre ein ausgeglichenes Abhängigkeitsverhältnis. Doch es gibt viele Beispiele, bei denen die Abhängigkeit vom Investor zu einem dramatischen Vertrau- ensverlust führt. Wenn sich etwa die Markteinführung ver- zögert, die erwarteten Umsätze ausbleiben und der Gründer auf die Bestandsinvestoren ange- wiesen ist, um eine Pleite zu verhindern, kann durch schlechte Kommunikation viel schief- laufen: Investoren stoßen eine kräftige Down- round an, also steuern nur das nötigste Kapital bei, und die Unternehmensbewertung wird her- abgesetzt; genauso schlimm wirken in diesem Moment Darlehen zu übervorteilenden Konditio- nen. Die Ausnutzung der Asymmetriemuss durch den Investor gut kommuniziert und erklärt wer- den. Ist das nicht der Fall, hinterlässt das Gefühl, „übervorteilt“ worden zu sein, oft tiefe Spuren beimGründer. Selbst wenn amEnde alles gut aus- geht, fühlt er sich verraten. Bei allemVerständnis für die Gründe der Investoren: Auch in so einem Moment muss auf Augenhöhe kommuniziert und der Prozess ohne böses Blut moderiert werden. Das Macht- und Abhängigkeitsverhältnis sollte ausgeglichen bleiben. Netzwerke müssen kompatibel sein Hier geht es um zwei Aspekte: Zum einen ist das Netzwerk des Investors eine Kernkompetenz – neben Finanzstärke und Marktverständnis. Ver- fügt ein Investor aus Sicht des Unternehmers nicht über die Kontakte, die sein Vorhaben voranbrin- gen, schaut sich der Unternehmer schnell ander- weitig um. Zum anderen sind Netzwerke auch das Kununu der Szene. Viele Unternehmer hören auf Empfehlungen und Erfahrungsberichte von befreundeten Unternehmern. Genauso wie man- che Investoren gar nicht erst einen Blick auf Busi- nesspläne von Unternehmen werfen, wenn sie keine Empfehlung aus ihrem Netzwerk bekom- men haben, so hören auch viele Unternehmer auf ihr Netzwerk. Wer hier als Investor einen schlech- ten Eindruck hinterlassen hat, wird es schwer haben, in Kontakt zu kommen. Nicht endende Due Diligence Bei der Due Diligence werden vor dem Invest- ment die möglichen Risiken abgeschätzt. Damit sichern sich die Investoren ab. Daten und Angaben eines Start-ups werden kritisch unter die Lupe genommen. Ein Businessplan oder ein Produkt mag sich zu Beginn des Gesprächs vielverspre- chend anhören, doch am Ende als potenzieller Flop entpuppen. Wenn Geschäftsmodell, USPs, Marktpotenzial, Team, Produkt, Businessplan oder Finanzplanung nicht überzeugen, wird kein Deal zustande kommen. Die Due Diligence sollte nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen, im Idealfall nur wenige Wochen, denn je länger der Prozess dauert, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Deal. Jeder Unternehmer ist des- halb gut beraten, Daten wie Finanzplanung, his- torische Zahlen, Steuerunterlagen und Verträge digital griffbereit und up-to-date zu haben. Als Fazit bleibt: Der beste Gründer wird seine Idee oder sein Produkt nur schwer finanzie- ren können, wenn er es nicht schafft, dass der Funke auf den Investor überspringt. Aber auch die Zahlen dürfen natürlich bei einer Finanzie- rungsrunde nicht zu kurz kommen. Die Mischung macht’s: das Menschliche und Zahlen. ■ 61 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 03 | 2022 SERVICE | Gründerszene

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