Berliner Wirtschaft März 2021

Tino Schweizer Der Rechtsanwalt ist Insolvenzverwalter und Partner bei Mönning Feser Partner sowie Standortpartner in Berlin, Cottbus, Dresden und Leipzig. Außerdem lehrt er Insolvenzrecht an der TH Wildau. Die Insolvenzantragspflicht wurde wegen der Folgen der zweiten Corona-Welle erneut ausgesetzt. Für wen das gilt, was zu beachten ist und warum eine Insolvenz nicht immer die schlechteste Lösung ist von Knut Rebholz und Tino Schweizer Quo vadis Insolvenz light? G erät ein Unternehmer in wirtschaftli- che Schwierigkeiten, sollte er prüfen, ob die Einleitung eines Insolvenzverfah- rens notwendig oder sinnvoll ist. Diese Entscheidung kann auch auf freiwilliger Basis getroffen werden, nicht immer ist die Insolvenz die schlechteste Lösung für das Unternehmen. Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung Entscheidend ist zunächst die Rechtsform, in der der Unternehmer tätig ist. Einzelunternehmer haben keine Insolvenzantragspflicht. Der allei- nige Insolvenzgrund ist die Zahlungsunfähigkeit, d. h. wenn innerhalb von drei Wochen nicht min- destens 90 Prozent der fälligen Schulden bezahlt werden können. Insolvenzantragspflichtig sind CEOs juris- tischer Personen (zum Beispiel GmbH, AG) oder von Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen kein persönlich haftender Gesellschaf- ter eine natürliche Person ist (zum Beispiel bei einer GmbH & Co. KG). In diesen Fällen muss innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzantrag gestellt werden, um straf- und haftungsrechtliche Kon- sequenzen zu vermeiden. Neben der Zahlungsunfähigkeit ist hier auch die Überschuldung relevant – der Antrag muss spätestens sechs Wochen nach deren Eintritt gestellt werden. Überschuldung bedeutet, dass das Vermögen die Verbindlichkeiten nichtmehr deckt. Die Antragspflicht ist dann nicht gegeben, wenn eine positive Fortführungsprognose besteht. Diese setzt ein tragfähiges Konzept voraus, wonach der Betrieb für die kommenden zwölf Monate prog- nostisch nicht zahlungsunfähig wird. Neben den genannten Insolvenzgründen kann auch die drohende Zahlungsunfähigkeit zum Anlass für einen eigenen Insolvenzantrag genommen werden; verpflichtend ist dies aber in keinem Fall. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht Aufgrund von Corona war beziehungsweise ist die gesetzliche Insolvenzantragspflicht zeitweise ganz oder teilweise durch das Covid-19-Insol- venzaussetzungsgesetz (COVInsAG) ausgesetzt. Zunächst galt die Aussetzung der Pflicht zur Stel- ILLUSTRATIION: GETTY IMAGES/COCO FLAMINGO 90% der fälligen Schulden müssen Einzelunter- nehmer innerhalb von drei Wochen bezahlen können, andernfalls gelten sie als zahlungsunfähig. 50 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 03 | 2021 service Insolvenzrecht

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