Businessplan Funktionierende Stadt

8 9 Businessplan „Funktionierende Stadt“ 1. PERSONALGEWINNUNG, -ENTWICKLUNG UND -FÜHRUNG Mehr als jede/-r dritte Mitarbeitende der Berliner Verwaltung geht bis 2029 in den Ruhestand. Frische Kräfte und eine neue Führungs- und Personalkultur sind dringend notwendig, um diese Pensionierungswelle abzufedern. Um insgesamt mehr und auch jüngere Fachkräfte für eine Karriere in der Berliner Verwaltung zu begeistern, müssen die Arbeitsplätze, das Arbeitsumfeld sowie das Arbeitsequipment auf einen technisch modernen und zukunftsorientierten Stand gebracht werden. Zum Wettbewerb um qualifiziertes Personal gehören außerdem die Öffnung für neue Bewerber- und Bewerberinnengruppen und attraktive Angebote für Quereinsteigende. Potenzielle Bewerberinnen und Bewerber müssen die Berliner Verwaltung als attraktive Arbeitgeberin erleben. Darüber hinaus ist es wichtig, die Berliner Verwaltung als eine einheitliche Arbeitgebermarke mit Wiedererkennungswert zu etablieren und sichtbar zu machen. Zudem muss grundsätzlich geprüft und entschieden werden, welche Leistungen der Berliner Verwaltung generell durch externe Dienstleistungsunternehmen, qualitativ und unter Berücksichtigung von rechtlichen Vorgaben, ausgelagert werden können und sollten. Dies gilt insbesondere für personelle „Flaschenhälse”, die gesamtstädtische Vorhaben verzögern und damit die Zielerreichung erschweren (Beispiel: Stadtplanung). Entscheidungen in der Verwaltung orientieren sich noch immer zu häufig an starren Vorgaben. Führungskräfte der öffentlichen Verwaltung sollten sich neue Denkweisen aneignen – u.a. ein agiles Mindset. Sie können interne Veränderungen und eine lebhafte Innovationskultur nur anstoßen, wenn sie die Grenzen ihres eigenen Denkens über Führung und Arbeit überwinden und die Ideen agiler Entscheidungsfindung in ihren Alltag integrieren. 2. POLITISCHE STRUKTUROPTIMIERUNG Berlin braucht eine umfassende Prozessoptimierung, die etablierte Verfahren aufbricht und rechtliche Hürden abbaut. Dies ist nur mit flankierender Änderung zentraler Rechtsgrundlagen möglich. Hierzu gehören u.a. fachliche Eingriffsmöglichkeiten, die Anpassung der Vorgaben zu personellen Laufbahneingruppierungen sowie ein Paradigmenwechsel in der öffentlichen Beschaffung. Wer tatsächlich die in der Wirtschaft vorhandenen Kompetenzen für die Modernisierung der Verwaltung zu einer servicestarken Dienstleisterin nutzen oder das Land Berlin zu einer gefragten, attraktiven Arbeitgeberin entwickeln will, muss zwingend auch den zweiten und dritten Schritt gehen und nicht mehr zeitgemäße Regelungen abschaffen bzw. zielführend anpassen. Worten müssen Taten folgen – auch für bislang „heilige Kühe“ darf es keinen ungerechtfertigten Bestandsschutz geben. 3. AUTOMATISIERUNG UND DIGITALISIERUNG Die Berliner Verwaltung braucht einen neuen technischen Leistungsanspruch für ihre internen Verfahren. Soll sich die öffentliche Verwaltung zu einem Standortvorteil und Aushängeschild einer leistungsfähigen Metropole entwickeln, müssen Prozesse effizient und serviceorientiert optimiert werden. Dabei müssen kurzfristig wirksame und akzeptierte Lösungen erarbeitet werden – das gelingt nur gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Berliner Verwaltung und den Berliner Unternehmen. Hierbei müssen das CityLAB Berlin, die Technologiestiftung oder das Netzwerk Smart City Berlin ihre Rolle als „Scharnier” schärfen. Bedarfsanalyse Datengestützte Prozesse in der Verwaltung müssen grundsätzlich konsequent vom Kunden aus gedacht sowie prozessual verschlankt werden und dürfen nicht auf den reinen elektronischen Zugang zu Verwaltungsinformationen und Serviceleistungen reduziert werden. 4. SERVICE-OPTIMIERUNG Mit der fortschreitenden Digitalisierung in zahlreichen Alltagsbereichen sind auch die Erwartungen von Unternehmen, die durchschnittlich 100 Verwaltungskontakte pro Jahr haben, an entsprechende Fortschritte in der Verwaltung gestiegen. Die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen muss beschleunigt und damit die komplett medienbruchfreie Abwicklung der jeweiligen Fachverfahren digital verfügbar gemacht werden. In der Berliner Start-up- und Tech-Szene besteht großes Potenzial, dieses Angebot in Kooperation mit Praktikerinnen und Praktikern aus der Wirtschaft zu entwickeln. Nutzerorientierung und Geschwindigkeit sollten dabei im Fokus stehen, um gegenüber internationalen Vorreiterinnen und Vorreitern aufzuschließen. 5. DATENNUTZUNG Berlin verschenkt bisher wertvolle Leistungs- und Wertschöpfungspotenziale, die sich aus der innovativen Nutzung verschiedener verfügbarer Datenbestände ergeben könnten. Zukünftig werden Datenverfügbarkeiten und die daraus evidenzbasiert abgeleiteten Entscheidungen richtungsweisend dafür sein, wie Berlin auf Fragen der städtischen Mobilität, auf das Bevölkerungswachstum und den Klimawandel reagieren kann. Open Data muss daher in den Amtsstuben eher die Regel als die Ausnahme sein. Dafür braucht es einen entsprechenden Paradigmenwechsel. 6. INNOVATIVE VERGABE Die mangelnde Öffnung der öffentlichen Vergabepraxis für innovative Verfahren und Produkte bildet eine enorme Wachstums- und Investitionshürde für Berlin. Der Einsatz von Innovationen auf Basis neuer Technologien und Dienstleistungen in Landesunternehmen und Verwaltung ist für die Berliner Unternehmen ein wichtiger Referenzmarkt mit einem jährlichen Volumen der öffentlichen Hand von drei bis fünf Mrd. Euro. Damit kurbelt die Stadt nicht nur Forschung und Entwicklung an, sondern profitiert als erste vom technologischen Fortschritt. Der Senat ist gefordert, die öffentliche Nachfrage nach innovativen Produkten und Dienstleistungen zu stärken, indem die vorhandenen Optionen für eine innovative, mittelstandsfreundliche Beschaffungspraxis konsequent genutzt werden. Neue Lösungen sollten durch das vergaberechtliche Instrument der Innovationspartnerschaft gemeinsam entwickelt werden. 7. BEST PRACTICES AUS ANDEREN REGIONEN BERÜCKSICHTIGEN Berlin beschränkt die Suche nach smarten Lösungen zu stark auf den Blick nach innen. Allerdings arbeiten Städte weltweit an Modernisierungs- und Digitalisierungskonzepten für die öffentliche Verwaltung, untersuchen Innovationspotenziale in der Vergabepraxis und entwickeln datengestützte Smart-City-Ansätze. Berlin darf den Blick über den Tellerrand nicht scheuen und muss die Übernahme von erfolgversprechenden Konzepten prüfen – auch um Umsetzungsgeschwindigkeit aufzunehmen. Dazu können u.a. die bestehenden Städtepartnerschaften und Netzwerke wie Metropolis stärker genutzt werden.

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