Berliner Wirtschaft 7 + 8 / 2020

Umfrage von IHK, Handelsverband und Standortnetzwerk „Die Mitte“ macht deutlich: Die Gewerbetreibenden sehen keinen Nutzen in einer Sperrung der Friedrichstraße, wenn es kein Konzept gibt D ie Gewerbetreibenden entlang der Friedrichstraße fordern vom Land und vom Bezirk ein tragfähiges Konzept, wie die Geschäftsstraße während der geplanten Sperrung für den Publikumsverkehr attrakti- ver gemacht werden soll. Die IHK Berlin, der Han- delsverband Berlin-Bran- denburg und das Stand- ortnetzwerk „Die Mitte“ hatten die ortsansässigen Unternehmen nach Vor- schlägen für eine Belebung der Friedrichstraße gefragt. Interviewt wurden insge- samt 137 Gewerbetreibende. Demnach steht eine knappe Mehrheit der Befragten demVer- such zwar vomGrundsatz her posi- tiv gegenüber, sieht allerdings Politik und Verwaltung in der Pflicht, gemein- sam mit den Anrainern Maßnahmen zu entwi- ckeln, um die Aufenthaltsqualität zu steigern. Da die Zeit bis zur geplanten Sperrung Anfang August zu knapp sei, um ein sinnvolles Konzept zu entwickeln, schlugen die Akteure Ende Juni eine Verschiebung in den Herbst vor. Der Pro- jektstart könne etwa zeitgleichmit der Eröffnung der neuen U-Bahn-Linie 5 stattfinden, so eine der Forderungen. „Jahrelange Einschränkungen durch den U-Bahn-Bau – und jetzt auch noch Corona. Die Unternehmer in der Friedrichstraße sahen und sehen sich mit einer Vielzahl von Zumutungen konfrontiert“, fasst Henrik Vagt, Geschäftsführer Wirtschaft & Politik der IHK Berlin, die Situation der Gewerbetreibenden zusammen und betont, dass den Akteuren vor Ort dennoch längst nicht die Ideen und Visionen ausge- gangen wären, „erst recht nicht die Hoffnung für ihre Friedrich- straße“. Entsprechend fordert Vagt Politik und Verwaltung auf, diesen Optimismus, die Tatkraft und nicht zuletzt die Expertise der Akteure vor Ort mit einzubezie- hen. Die Verkehrssenato- rin und dieWirtschaftsse- natorin haben inzwischen einen kontinuierlichen Dialog zu den Auswirkun- gen der Sperrung zugesagt, auch wollen sie die Belange der Gewerbetreibenden in die weitere Planung einbinden, was die IHK ausdrücklich begrüßt. Auch der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen, weist darauf hin, dass die Friedrichstraße per se keine Flaniermeile sei, weil sie auf ihre engen, historischen Dimensionen zurückgebaut wurde. In der Konsequenz heißt das: „Enge Bürgersteige, keine Bäume, wenig Auf- enthaltsqualität. Deshalb braucht es gerade hier ein tragfähiges und gut durchdachtes Konzept aller Beteiligten unter Berücksichtigung der Lage in den umliegenden Straßen.“ Guido Herrmann, Vorstandsvorsitzender des Netzwerks „Die Mitte“, plädiert ebenfalls für eine Verschiebung. „Die Ergebnisse der Umfrage bestätigen unsere Posi- tion, dass ein Verkehrsversuch ohne ein klares Konzept als Maßnahme keinerlei positive Effekte auf die Friedrichstraße haben wird.“ bw FOTO: GETTY IMAGES/ULRIKE SCHMITT-HARTMANN Henrik Vagt IHK-Geschäftsführer Wirtschaft & Politik Den Akteuren vor Ort sind längst nicht die Ideen und Visionen ausgegangen. Einfach nur leer wird die Friedrichstraße nicht attraktiver Autofrei allein reicht nicht AGENDA | Standort 13 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 07-08 | 2020

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