Berliner Wirtschaft 6/2019

Ausbildung, besonders für kleine und mittelstän- dische Unternehmen, damit diese auch ihren eige- nen Fachkräftenachwuchs ausbilden können. Für die Region ist es ebenfalls wichtig, über ausreichend gut ausgebildete Fachkräfte zu verfügen. Natürlich ist es für den Konzern auch kein Nachteil, wenn viele Fachkräfte anmodernster ABB-Technik ausgebildet werden und mit ihr vertraut sind. Bekommen Sie den Fachkräftemangel zu spüren? Wir sind momentan voll ausgelastet. Betroffen sind wir von dieser Entwicklung also derzeit nicht. In Berlin ist es auch noch deutlich einfacher, Auszubil- dende und Fachkräfte zu finden, als in vielen süd- deutschen Regionen. Aber natürlich bekommen auch wir mit, dass es schwieriger wird, Ausbildungsstellen mit geeigneten Jugendlichen zu besetzen. Zumal Sie den Unternehmen anbieten, auch die Suche nach dem Nachwuchs zu übernehmen. Welche Erfahrungen machen Sie dabei? Wir merken immer wieder, dass in Berlin leider viele Jugendliche die Schule ohne einen Abschluss verlas- sen oder sich mit schlechten Abschlüssen auf einen Ausbildungsplatz für sehr anspruchsvolle Berufe bewerben. Auf der anderen Seite machen immer mehr Schüler/innen das Abitur undwollen studieren, obwohl für sie eine duale Berufsausbildung besser geeignet und vielleicht auch spannender wäre. Das Angebot an Schulabsolventen, die für eine klassi- sche duale Ausbildung infrage kommen, wird daher immer knapper. Ich halte den derzeitigen Akademi- sierungswahn für eine bedenkliche Entwicklung. Warum? Weil diese Entwicklung amBedarf der Unternehmen vorbeigeht – auf der einen Seite. Auf der anderen Seite erkennen leider auch viele Jugendliche nicht, welche Chancen ihnen die duale Ausbildung bietet. Die Zahl derer, die sich im Studium gar nicht wohl- fühlen, ist groß. Das zeigt die hohe Abbrecherquote vor allem in den technischen Studiengängen. Brauchen Unternehmen nicht möglichst viele, möglichst hoch qualifizierte Fachkräfte? Ich glaube nicht, dass der Absolvent eines Bache- lor-Studiums deutlich höher qualifiziert ist als der Absolvent einer drei- oder dreieinhalbjährigen dua- len Ausbildung. Wer heute einen Roboter program- miert, braucht dafür keinen Uni-Abschluss. Ein jun- ger Menschmit einer guten Berufsausbildung ist auf- grund seiner Erfahrungen in der Praxis oft sogar viel besser in den Unternehmen einsetzbar. Ich glaube auch nicht, dass ihm weniger Karrierewege offen- stehen. Unsere Berufe sind zukunftssicher und wer- den gut bezahlt. Ich halte den derzeitigen Akademisierungs- wahn für eine bedenkliche Entwicklung. Gerd Woweries Ausbildungen in 24 Berufen hat das ABB Ausbil- dungszentrum im Angebot. Der Renner ist derzeit der Mechatroniker Das ABB Aus­ bildungszentrum in der Lessing- straße im Ortsteil Wilhelmsruh, der zu Pankow gehört SCHWERPUNKT | Interview 28 BERLINER WIRTSCHAFT 06 | 2019

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