Berliner Wirtschaft 2/2020

Wenn New Work als purer Aktionismus ver- standen wird, ist das wenig zielführend. Man kann mit kleinen Schritten anfangen, ideal ist es aber, das große Ganze zu betrachten und vorher generelle Fragen zu beantworten: Wie sieht die Zukunft unseres Unternehmens aus? Wie wollen wir künftig gemeinsam arbeiten? Anstoß von innen New Work kann nicht von oben verordnet oder von externen Beratern implementiert werden. Es braucht ein paar „Wilde“ aus der Belegschaft, die sich dem Thema verschreiben und Lust haben, das umzuset- zen – selbstverständlich mit Rückenwind von der Führung und der Erfahrung externer Experten. Immer müssen die Beschäftigten informiert, mitgenommen und einbezogen werden. Essenziell ist dabei eine digitale Kommu- nikations- und Zusammenar- beitsplattform – Stichworte „Social Intranet“ beziehungsweise „Digital Workplace“. Herausforderungen für Chefs New Work ist vor allem eine Frage von Haltung, Kultur und Wertschätzung. Chefs werden eine New- Work-Haltung selbst erlernen und vorleben müssen, sie werden sich von der Führungs- kraft zum Coach wandeln müssen, ihren Mit- arbeitern mehr Verantwortung und Spielraum geben und mit ihnen auf Augenhöhe agieren müssen. Das zeigt sich zum Beispiel auch in der Abschaffung von Statussymbolen und Unterschieden bei Dienstwagen, Bürogrößen und -inventar. Diesen Mind Change fördern auch neue Formate wie Barcamps statt klas- sischer Konferenzen, Speedback für schnelles Feedback statt jährlicher Mitarbeiterge- spräche oder Speed Datings zur Vernetzung der Mitarbeiter untereinander. Die Einfüh- rung von Neuem braucht neben dem Tagesgeschäft immer Ressourcen für die Reflexion von Erreichtem. Modernes Führen bringt pro- duktive Bewegung ins Unter- nehmen und zieht junge Talente an oder hält sie. Neues Arbeiten, neue Räume Einzelbüros mit eigenen Schreibtischen sind passé, der Trend zu offenen, multifunktionalen Büroland- schaften, die einerseits Kommu- nikation und Teamarbeit fördern und andererseits Rückzug und konzentrierte Arbeit ermöglichen, ist unumkehrbar. Je unsteter das Arbeitsleben wird, desto größer wird der Bedarf an Raum für Kreativität und Interak- tion mit Kollegen, aber auch nach Ruhe und Entspannung. Non-territoriale Nutzungs- strategie nennen es die Arbeitspsychologen, wenn jederzeit verstellbare Arbeitstische nach den entsprechenden Anforderungen gewechselt werden können. Durch flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, auch im Homeoffice arbeiten zu können, werden weni- ger feste Arbeitsplätze benötigt – das spart Bürofläche und entsprechende Kosten. AFK Mehr Spielraum und Verantwortung für Mitarbeiter Was Unternehmen bei der Einführung von New Work beachten sollten: Praxistipps von Marketing-Kommunikations-Ökonomin Steffi Gröscho, Gründerin der Netzwerkagentur Perlrot 33% Übernahme von Verantwortung durch die Mitarbeiter FOTO: PERLROT/MARK SAPATKA 32% Offener Umgang mit kritischen Themen 32% Fähigkeit zur Selbstorganisation von Teams 29% Stärkere Beteiligung der Mitarbeiter 24% Schaffung einer hierarchieübergreifen­ den offenen Kommunikation 24% Aufbrechen starrer Abstimmungs- strukturen Unternehmenskultur und agiles Arbeiten Um zu ermitteln, inwieweit agile Organisationsformen bereits realisiert sind und welche Erfahrungen damit gemacht wurden, befragte Personal­ dienstleister Hays 1.036 Personen, 63 Prozent davon aus Deutschland. Diese Aspekte der Unter­ nehmenskultur gelten als besonders relevant für die Arbeitsweise in agilen Teams: Steffi Gröscho, Inhaberin der 2003 gegründeten Berliner Agentur Perlrot, begleitet Unternehmen beim Wandel in eine moderne Arbeitswelt SCHWERPUNKT | New Work 26 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 02 | 2020

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