Berliner Wirtschaft Juli/August 2021

FOTO: CHRISTIAN KIELMANN Berlin braucht Mittelstand, Mittelstand braucht Berlin Die meisten Versprechen der Politik an die Wirtschaft wurden nicht gehalten, gern begründet mit der Corona-Krise. Eine Bestandsaufnahme inmitten des Wahljahrs M it dem jährlichen Mittelstandscheck analysiert das Kompetenzteam Mit- telstand die Wirtschaftsfreundlich- keit der Berliner Politik und Verwal- tung und stellt regelmäßig Forderungen für die kommenden zwölf Monate auf. Das ist für ein Jahr, in dem im Land und Bund gewählt wird, besonders spannend, denn der Wille, in der laufenden Legislatur noch etwas zu realisie- ren, paart sichmit demhäufig vorherrschenden Wahlkampf-Stillstand. Noch Anfang des Jah- res waren wir „auf Tour“ und haben die Ver- antwortlichen gedrängt, einen Endspurt hin- zulegen. Heute wissen wir, dass die damaligen Versprechungen in gro- ßen Teilen nicht gehalten wurden – gern begründet mit der Coro- na-Krise. Und damit ist schon heute klar: Einige unserer For- derungen müssen wir im Mit- telstandscheck 2021, der Ende des Jahres erscheint, wieder aufnehmen. Im Einzelnen: → Die umfassende Digita- lisierung der Bürgerämter scheitert nach wie vor an fehlender oder nicht genutz- ter Durchgriffsmacht der Ver- antwortlichen und einer Vielzahl technischer Insellösungen. → Die Ausschreibungs- und Verga- bepraxis des Landes ignoriert wei- ter den innovativenMittelstand und hält an altbewährten, jedoch nicht zukunftsweisenden Lösungen und Verfahren fest. → Es wurden zwar Open-Data-Beauftragte in den Verwaltungen installiert, allerdings meist ohne zusätzliche Ressourcen und vor allem ohne klare Strategie. Der geplante Data-Hub lässt weiter auf sich warten. → Alle Seiten befürworten intensive Ver- flechtungen zwischen Wissenschaft und Mittelstand, um Forschungsergebnisse in Anwendung zu bringen. Doch entsprechende Anreizsysteme haben es bisher nicht in die Hochschulverträge geschafft. → Der schlechte Zustand von Kinderbetreu- ung und Schulbildung wurde in Corona-Zei- ten gnadenlos sichtbar, eine Qualitätsinitiative bleibt dringend erforderlich. → Das neue Mobilitätsgesetz wird voraus- sichtlich zwar endlich um einen Absatz zum Wirtschaftsverkehr ergänzt, insgesamt werden Lösungsansätze aber weiter nicht ideologiefrei diskutiert. → Mit der Smart-City-Rahmenstrategie ist ein Fundament entstanden, das es hoffentlich in die nächste Legislaturperiode schafft. Bis zu einer ganzheitlichen Vision von der Stadt, ihren Werten und Zielen ist es aber noch weit. Wenn Sie gute Beispiele oder Gegenbei- spiele für mittelstandsfreundliches Handeln haben, freuen wir uns auf Ihren Input für den kommenden Mittelstandscheck. Nutzen Sie dafür gern den nebenstehenden Umfra- gelink. Denn wir wissen: Der Austausch mit den Verantwortlichen fördert Erkennt- nis, und Erkenntnis führt manchmal zu Veränderungen! Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Sommer! ■ Einschätzung Beteiligung an der Einschätzung zur mittelstandsorientierten Wirtschaftspolitik unter: ihk-berlin.de/beteiligung Sebastian Stietzel Vorsitzender des IHK-Kompetenz­ teams Mittelstand und Geschäftsführer der Marktflagge GmbH, Management & Investments AGENDA | Mittelstandskolumne

RkJQdWJsaXNoZXIy MzI1ODA1