Berliner Wirtschaft November 2023

B ei Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther schrillen die Alarmglocken. Der stetig größer werdende Vertrauensverlust der Bürger in die Politik gefährde den Zusammenhalt in Deutschland, warnte der Politiker bei einem Wirtschaftspolitischen Frühstück der IHK Berlin, das dieses Mal auf dem Rooftop des Living Berlin stattfand. Teilweise weniger als 20 Prozent Zustimmung für die Ampel-Regierung stimmten bedenklich. Die Politik habe ihren Anteil daran, „dass wir mit Sorgenfalten durch das Land laufen“, sagte er. Dabei ging der CDU-Politiker auch mit seiner eigenen Partei ins Gericht. Es reiche nicht, „dass man nur rummault“, kritisierte Günther in Richtung des CDU-Parteivorsitzenden Friedrich Merz. Und weiter: „Es gelingt nicht, den Leuten zu vermitteln, dass wir es besser machen, wenn wir regieren würden.“ Seine Partei müsse deutlich konstruktiver unterwegs sein, forderte der Ministerpräsident. Hintergrund: Trotz der schlechten Noten für die Ampel schafft es die Union derzeit in den Umfragen nicht, daraus Kapital zu schlagen und an Zustimmung zu gewinnen. Eindringlich forderte Günther, „die Ärmel hochzukrempeln“. Er betonte, dass es eine Gesellschaft brauche, die veränderungsbereit ist. „Wir müssen Fesseln lösen, zum Beispiel bei Planungsprozessen.“ Da reichten Diskussionen über die Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance nicht. Und dann bekamen auch noch die Medien ihre Schelte ab: „Wir sollten nicht alles schlechtreden, was unser Land in den vergangenen Jahren stark gemacht hat“, sagte der Politiker. Über Leistung sollte als etwas Positives gesprochen werden. Neue Regularien für den Energiemarkt Bei seinem rund einstündigen Auftritt vor rund 200 Unternehmerinnen und Unternehmern ging Günther insbesondere auf die Energiepolitik in Deutschland ein. Die Produktion von Strom sei politisch gewollt verknappt worden. „Wir verteuern Energie völlig sinnbefreit“, sagte der Politiker. Er forderte neue Regularien für den Energiemarkt, auch um Strompreise in Deutschland zu vereinheitlichen. Zugleich räumte er ein, einen Industrie-Strompreis zwar kritisch zu sehen, ihm aber dennoch zuzustimmen. „Ich mache da mit, ich bin ein Egoist“, räumte er freimütig unter Hinweis auf die gegenwärtig wichtigste Industrieansiedlung in Schleswig-Holstein ein. Der schwedische Batteriezellen-Hersteller Northvolt will im Norden Deutschlands eine Batterie-Fabrik mit rund 3.000 Arbeitsplätzen bauen. ■ Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther, ging auch mit seiner eigenen Partei ins Gericht und plädierte für konstruktiveres Vorgehen von Holger Lunau Politik braucht Vertrauen der Bürger Daniel Günther beim Wirtschaftspolitischen Frühstück der IHK auf dem Rooftop des Living Berlin Die StromProduktion ist politisch gewollt verknappt worden. Wir verteuern Energie völlig sinnbefreit. Daniel Günther FOTO: REGINA SABLOTNY AGENDA | Wirtschaftspolitisches Frühstück | 16 Berliner Wirtschaft 11 | 2023

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