Berliner Wirtschaft November 2023

Zunehmend bremsen interne Faktoren die Wirtschaft. Die Sorge um die Entwicklung des Inlandsabsatzes und der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen treibt mehr als die Hälfte der Unternehmen um. Zudem belasten die nach wie vor vergleichsweise hohen Energiepreise zahlreiche Unternehmen, und der Fachkräftemangel bleibt selbst jetzt, in einer konjunkturellen Schwächephase, ein Risiko für mehr als jeden zweiten Betrieb. Entsprechend setzen viele Betriebe ihre Investitionsplanungen on-hold und sehen kaum Spielraum für Personalaufbau. Die Varianz zwischen den Branchen ist dabei recht groß – die Bewertungen in Industrie, Handwerk und Dienstleistungsbereichen wie der IT sind weiterhin recht solide, während sich Handel und Gastgewerbe bereits starkem konjunkturellem Gegenwind ausgesetzt sehen. Über alle Sektoren hinweg ist jedoch unübersehbar, dass die Konjunkturindikatoren weit unterhalb des Niveaus vor der Corona-Krise notieren – und den Weg dahin zurück nicht finden. Im Mittel zufriedenstellend, aber keineswegs überschäumend, beurteilt die Berliner Wirtschaft die laufenden Geschäfte. Vor allem größere Unternehmen kommen mit dem schwierigeren konjunkturellen Umfeld zufriedenstellend zurecht, während kleinere Betriebe bereits häufiger von schlecht laufenden Geschäften berichten. Der Indikator der Geschäftslage, der sich aus positiven und negativen Einschätzungen ergibt, sinkt von 25 Punkten im Frühsommer auf 19 Zähler. Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Die Berliner Wirtschaft blickt eher pessimistisch in die Zukunft. Der Erwartungsindikator, der sich aus optimistischen und pessimistischen Prognosen berechnet, fällt auf -11 Punkte. Im Frühjahr zählte er noch einen Punkt. Anders als bei der Beurteilung der Geschäftslage unterschieden sich die Erwartungen von größeren und kleinen Unternehmen nicht. Sie sind alle ähnlich skeptisch. Nach drei Jahren Krisen und externen Schocks geht die Berliner Wirtschaft mit einer gefesselten Wachstumsdynamik in den Jahresendspurt. Die Abfolge von Pandemie, Inflation, steigenden Zinsen und hohen Energiepreisen sowie internationalen Spannungen hat Konsumenten und Produzenten verunsichert und viele ermattet. Der wirtschaftspolitische Rahmen wird von zahlreichen Unternehmen als hemmend wahrgenommen. Es fehlt allgemein an Zuversicht. Diese zu stärken und ihr eine solide Basis zu schaffen, ist die zentrale Aufgabe, der sich die Wirtschaftspolitik wird stellen müssen. ■ 19 Punkte zählt der Saldo der Geschäftslage, sechs Punkte weniger als im Frühjahr. 103 Punkte beträgt der Konjunkturklimaindex der Berliner Wirtschaft in diesem Herbst. 0,1 % im Minus lag Berlins BIP, ein Ausweis der aktuellen wirtschaft- lichen Schwäche.. Christian Nestler, IHK-Experte für Konjunktur Tel.: 030 / 315 10-286 christian.nestler@ berlin.ihk.de ILLUSTRATION: GETTY IMAGES/JORG GREUEL; FOTO: FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG Grafiken: BW Quelle: IHK Berlin Geschäftslage und -erwartungen Die negativen Erwartungen deuten darauf hin, dass sich die Situation in naher Zukunft nicht verbessern wird Beschäftigungs- und Investitionspläne Die Personalpläne blieben nur im Corona-Frühjahr 2020 hinter den aktuellen Werten zurück Konjunkturklimaindex der Berliner Wirtschaft Eine stabile Erholung nach der Abschwächung 2019 und dem Einbruch durch Corona ist nicht in Sicht (IHK, HWK) 65 143 125 150 50 75 100 125 2013 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 '21 '22 '23 jeweils zum Jahresbeginn und im Herbst 86 112 103 Erwartungen Geschäftslage Saldo der : 34 61 75 -50 -25 0 25 50 2013 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 '21 '22 '23 jeweils zum Jahresbeginn und im Herbst -34 -51 -11 19 Saldo der : Investitionspläne Personalpläne 37 41 30 -20 0 20 40 2013 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 '21 '22 '23 jeweils zum Jahresbeginn und im Herbst -14 1 16 Berliner Wirtschaft 11 | 2023

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