Berliner Wirtschaft Oktober 2021

Im Jahr 1831 ging’s mit „bitteren Tropfen“ gegen die Cholera los. Heute ist Mampe eine Erlebnismanufaktur und ein Betrieb, der sich immer wieder neu erfindet von Jens Bartels Spirituosen mit Spirit W er die Kreuzberger Erlebnismanufak- tur von Mampe betritt, spürt schnell die besondere Markengeschichte des Berliner Spirituosenherstellers. Große gerahmte Fotos an einer der hohen Wände fal- len als Erstes ins Auge. Auf einem läuft David Bowie in einer mannsgroßen „Halb & Halb“-Fla- sche von Mampe im Kultfilm „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ spazieren. Gleich daneben hängt ein Mannschaftsfoto von Hertha BSC Berlin. Die Trikots der Spieler ziert das Logo des Spirituosen- herstellers: ein weißer Elefant auf rotem Grund. Weitere Fotos zeigen die berühmte firmenei- gene Likör-Gaststätte am Kurfürstendamm oder die beiden Elefanten Carl und Mampe imBerliner Zoo. „Mehr Berlin als Mampe geht nicht“, sagt Tom Inden-Lohmar, Geschäfts- führender Gesellschafter von Mampe. Mixtur aus 130 Kräutern Die Geschichte der Spirituosenmarke reicht 190 Jahre zurück. 1831 entwickelte der Apo- theker Carl Mampe senior die bis heute im Sortiment zu findenden bitteren Tropfen als Mittel gegen Cholera und vertrieb sie in Apo- theken. Sein Nachfolger Carl Mampe junior legte dann den Grundstein für den Erfolg des Unternehmens in Berlin. Durch den Umzug in die florierende Hauptstadt des jungen Kaiserreichs wurde Mampe 1877 zu einem Berliner Original. 1894 brachte Mampe „Halb &Halb“ auf denMarkt. Der Feinbitterlikör bestand damals wie heute aus einer Mixtur aus 130 Kräutern und Bitterorangen. Schnell wuchsen Umsatz und Anerkennung von Mampe Berlin. Um die Jahrhundertwende war eine Weltmarke mit großer Innovationskraft entstanden. So erfand das Unternehmen lange vor Starbucks oder McDonald’s die Franchise-Gastronomie: 1916 eröffnete Mampe seine erste Likör-Probierstube. Auch der „Bottle-Cocktail“ geht auf den Berliner Spirituosenhersteller zurück. Gereicht wurde das Getränk in den 1920er-Jahren auf Zeppelinflügen. Nach dem Zweiten Weltkrieg avancierte der Likör aus der Flasche zum Signature-Drink der Lufthansa und wurde später bei der Air Berlin als „Flieger-Cocktail“ angeboten. Allerdings ebbte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Innovationskraft immer mehr ab. Anfang der 1980er-Jahre verschwand die berühmte Berliner Spirituosenmarke dann aus der Stadt. Innovationskraft im 21. Jahrhundert Erst im Jahr 2014 weckte Tom Inden-Lohmar gemeinsammit seinemdamaligen Geschäftspart- ner Frank Zächel die Marke Mampe aus ihrem Dornröschenschlaf. Unter dem Motto „Keiner für alle. Nur für Berlin“ startete der Relaunch mit Wodka, Gin sowie dem legendären Feinbit- terlikör „Halb & Halb“ in Handelsgeschäften der Hauptstadt. „Wir wollten erst einmal Berlin und den Berlinern die Marke Mampe zurückgeben“, so Inden-Lohmar. „Deshalb haben wir die ersten Jahre ausschließlich in Berlin verkauft.“ Mittler- weile können Konsumenten Mampe zum Bei- spiel auch wieder in Norddeutschland und im Ruhrgebiet erwerben; inzwischen sind zwölf verschiedene Spirituosen im Angebot. „Während der Corona-Zeit haben wir nicht den Kopf in den Sand gesteckt, son- dern viele und vor allen Dingen digitale Ideen auf den Weg gebracht“, ergänzt Inden-Loh- mar. So wurde unter anderem der Online- Shop vollkommen neu aufgesetzt und der „Ginspirator“ ins Leben gerufen. Mit diesem Tool können Kunden ihren eigenen Gin nach individuellemGeschmack komponieren und anschließend das fertige Produkt inklusive personalisiertem Etikett nach Hause liefern lassen. Die Nachfrage ist hoch. „Auf das erste Jahr gesehen konnten wir den Umsatz unserer digitalen Angebote vervierfachen“, freut sich Inden-Lohmar. „Zugleich haben wir den „Gin- spirator“ im sechsten Stock des KaDeWe wieder analogisiert.“ Dort können Kunden direkt vor Ort ihren Gin zusammenstellen und nach 20 Minuten mitnehmen. So sieht Berliner Innovationskraft des 21. Jahrhunderts aus.  ■ Tom Inden-Lohmar Geschäftsführender Gesellschafter von Mampe Während der Corona-Zeit haben wir viele und vor allen Dingen digitale Ideen auf den Weg gebracht. Tobias Rühmann, IHK-Branchenmanager Industrie Tel.: 030 / 315 10-621 tobias.ruehmann@ berlin.ihk.de FOTOS: MAMPE 45 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 10 | 2021 BRANCHEN | Porträt

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUxMjI4