Berliner Wirtschaft Oktober 2021

Bei einer Diskussion mit Gremien der IHK fand Rechnungshof-Chefin Karin Klingen deutliche Worte für die Versäumnisse der Berliner Politik von Markus Krause Alte Hürden und vergebene Chancen D ie starren Berliner Regularien sind von den Sparjahren geprägt und blockieren weiterhin die moderne Personalgewin- nung in der Verwaltung.“ Die kritische Einschätzung, die Karin Klingen, Präsidentin des Berliner Rechnungshofes, Anfang September mit dem IHK-Ausschuss Wirtschaftspolitik und dem KompetenzteamMittelstand diskutierte, ist deut- lich. ZusätzlicheWirkung bekommt sie bei zeitli- cher Einordnung. Die Sparzwänge der Hauptstadt gelten seit rund zehn Jahren als überwunden, und R2G rief 2016 ein „Jahrzehnt der Investitionen“ aus. Dennoch blieben hartnäckige strukturelle Hürden bestehen, undmotivierte Bewerber zuck- ten zurück, weil Berlin zumBeispiel verwaltungs- relevante Abschlüsse aus anderen Bundesländern nicht anerkennt oder Beförderungen zum Teil auf Jahre unerreichbar sind. Aus Sicht des Rech- nungshofes wiege außerdem schwer, dass Berlin über keine vollständige Personalbedarfsanalyse verfüge und damit überhaupt die zentrale Grund- lage für vorausschauende Planung fehle. Nicht nur die Personalpolitik des Landes, son- dern auch den schleppenden Fortschritt bei der Digitalisierung der Verwaltung sieht der Rech- nungshof kritisch. „Berlin hätte längst weiter sein müssen“, bilanziert Karin Klingen zusammen- fassend das Ergebnis von fünf Jahren Berliner E-Government-Gesetz (EGovG). Nicht eine ein- zige Behörde habe die vorgesehene Übertragung des IT-Betriebs an den Landesdienstleister ITDZ vollständig erreicht. Die Vereinheitlichung zahl- reicher Prozesse sei gescheitert. Die Verbesserung der Durchsetzungsmöglichkeiten der zentralen IKT-Steuerung seitens der Politik, die Unterneh- men und IHKwiederholt gefordert haben, ist auch für Rechnungshof-Chefin Klingen eine wesent- liche Stellschraube für die Zukunft. Anne-Kathrin Kuhlemann und Sebastian Stietzel, Vorsitzende des Ausschusses beziehungs- weise des Kompetenzteams, machten außerdem darauf aufmerksam, dass die Homeoffice-Fähig- keit der Verwaltung bei lediglich rund 50 Prozent gelegen habe. EinWert, der, anderthalb Jahre nach Pandemie-Beginn, keinesfalls zufriedenstellend sein könne. Wie der neue Senat mit den hohen personellen und technischen Investitionsbedarfen umgehen wird, ist angesichts der pandemiebedingt ange- spannten Haushaltslage eine der entscheidenden Fragen der kommenden Jahre. Der Rechnungs- hof und die IHK waren sich darüber einig, die Themen weiterhin genau zu verfolgen und den gegenseitigen Austausch fortzusetzen.  ■ Zu Gast im Ludwig Erhard Haus: Karin Klingen, Präsidentin des Berliner Rechnungshofes Markus Krause, IHK-Geschäftsfeld Wirtschaft & Politik Tel.: 030 / 315 10-154 markus.krause@berlin.ihk.de Karin Klingen Rechnungshof-Präsidentin Bei der Digitalisierung der Verwaltung hätte Berlin längst weiter sein müssen. FOTO: KERSTIN JANA KATER 21 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 10 | 2021 AGENDA | Verwaltungsmodernisierung

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