Berliner Wirtschaft September 2021

liefern. Anschließend entscheiden die Projekt- partner, wie es weitergeht. Moritz Heininger kann sich gut vorstellen, dass diese Art der Auslieferung eine Zukunft hat. „Ein großes Problemder Gastronomie ist der Mit- arbeitermangel“, so der Geschäftsführer von Dis- coeat. „Viele Restaurants mussten ihren eigenen Lieferdienst einstellen, da die Mitarbeiter wieder händeringend imRestaurant gebraucht werden.“ Der Aufstieg der Quick-Commerce-Firmen wie Gorillas und Flink hat den Personalmangel nach Überzeugung des Gründers noch einmal ver- schärft, sodass eine Unterstützung durch einen Roboter in der Gastronomie sehr gelegen kommt. Kehren in großem Stil Zwar sind autonome Fahrzeuge insgesamt noch rar in der Stadt, aber abwegige Utopien sind auto- nom betriebene Fahrzeuge längst nicht mehr. Die Entwicklung im Bereich der autonomen Mobili- tät verläuft rasant. So ist die erforderliche Tech- nik wie Sensorik, Navigation oder ein 5G-Netz mittlerweile flächendeckend verfügbar. Zugleich suchen Verkehrsplaner und Kommunen genauso wie Unternehmen immer häufiger nach innova- tivenMobilitätslösungen und nutzerfreundlichen Serviceangeboten. Ein gutes Beispiel dafür liefert auch das Berliner Unternehmen Enway. Die autonomen Kehrroboter des Start-ups reinigen in privaten Umgebungen wie Lagerhallen, Produktions- straßen oder Industrieparks bis zu 5.860 Qua- dratmeter pro Stunde. Die Idee dahinter: Enway kooperiert mit etablierten Unternehmen, integ- riert dabei die Technologie für den autonomen Betrieb in existierende Maschinen und bietet die umgerüsteten Fahrzeuge inklusive Software und Servicedienstleistungen zu einer monatlichen Gebühr an. „Grundsätzlich sind wir ein Techno- logie-Unternehmen, das die Bereiche Robotics, Software und maschinelles Lernen im indust- riellen sowie kommunalen Bodenreinigungsbe- reich vorantreibt und stetig verbessert“, erklärt Julian Nordt. Er ist einer der Gründer und CEO des Unternehmens. Enway wurde Anfang 2017 in Berlin gegründet und hat mittlerweile 35 Mit- arbeiter an den Standorten Berlin und Singapur. Dort ist im Rahmen einer öffentlichen Testphase sogar eine vollständig selbstfahrende Kehrma- schine des Unternehmens auf öffentlichen Stra- ßen unterwegs. In Deutschland könnte das autonome Fah- ren einen Schub durch die Verabschiedung eines neuen Bundesgesetzes bekommen. Danach sollen fahrerlose Autos ab dem Jahr 2022 am Straßen- verkehr teilnehmen können. Somit ist der Einsatz der Technologie auch außerhalb von Pilotprojek- ten und Testfeldern etwa für Shuttleverbindungen oder bei der Güterbeförderung möglich. In beiden Bereichen gibt es in Berlin bereits spannende Projekte. Im gemütlichen Alt-Tegel wird untersucht, wie autonome Fahrzeuge mit einem Kreisverkehr, Kreuzungen, Kopfstein- pflaster oder engen Straßen klarkommen. „Mit den drei hochautomatisierten Elektro-Kleinbus- sen auf zwei Linien fordern wir die Technologie heraus, sich mit uns weiterzuentwickeln“, sagt die BVG-Vorstandsvorsitzende Eva Kreienkamp. „Denn in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft wollen wir unseren Fahrgästen autonome Shutt- les anbieten, die on demand die erste beziehungs- weise letzte Meile bewältigen.“ Schiffe ohne Bordpersonal In Moabit befasst sich die Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH (Behala) imRahmen des Projektes „A-Swarm“ mit autonom fahren- den Schiffseinheiten, die sowohl getrennt zu ver- schiedenen Umschlagstellen als auch im Schub- verband gekoppelt fahren können. Diese klei- neren Schiffe werden umweltfreundlich mit elektrischer Energie aus Batterien und Brenn- stoffzellen versorgt und sollen künftig bei erfolg- reichem Projektverlauf ohne Bordpersonal Güter transportieren. Gewinner wäre die städtische Infrastruktur. „Die Nutzung freier Kapazitäten insbesondere auf den Berliner Wasserstraßen in Verbindung mit dezentralen Umschlagmög- lichkeiten können zu einer deutlichen Entlas- tung des Wirtschaftsverkehrs im Stadtgebiet füh- ren“, betont Klaus-Günter Lichtfuß, Prokurist des Bereiches Logistik bei der Behala.  ■ Nicolo` Luti (l.) und Moritz Heininger, Gründer des Start-ups Discoeat, lassen einen Lieferroboter die Burger von Peter Pane ausliefern – zunächst zu Testzwecken Dr. Lutz Kaden, IHK-Experte für Mobilität Tel.: 030 / 315 10-415 lutz.kaden@berlin. ihk.de Fahrerlos durch den Nordwesten Die neuen Berliner Quartiere Siemensstadt², Urban Tech Republic und Neues Gartenfeld soll ein autonomer elektronischer Shuttlebus miteinander verbinden. Um Mobili- tätslösungen zu erproben, haben sich Vertreter von Siemens Mobility, der drei Stadtquartiere, des Landes Berlin, des Bezirks Spandau und der BVG zusammenge- schlossen. Das Land Berlin unterstützt das Projekt mit fünf Mio. Euro aus dem Innovationsförderfonds. 39 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 09 | 2021 BRANCHEN | Mobilität

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