Berliner Wirtschaft September 2021

D as kürzlich in Kraft getretene neue Erwachsenenbildungsgesetz sollte ein Meilenstein für Berlins Bildungsland- schaft sein. Trotz einiger guter Ansätze kann die Berliner Wirtschaft damit jedoch nicht zufrieden sein. Weder bietet es eine gesellschaft- liche Vision vom Lernen im Erwachsenenalter und für die berufliche Weiterbildung noch einen strategischen Rahmen „aus einem Guss“ für alle Teilbereiche der Fort- und Weiterbildung. Es fehlt ein klares Zielbild für die Metropolregion. So bleibt weiter eine Gestaltungslücke, die gerade vor demHintergrund der Herausforderungen der Digitalisierung der Arbeitswelt dringend gefüllt werden muss. Dabei ist die Wettbewerbsfähigkeit der Ber- liner Unternehmen von einer gut ausgebauten Fort- und Weiterbildungsstruktur, entsprechen- den hochqualitativen Angeboten sowie deren För- derung und Entwicklung abhängig. Dies zeigen auch die Ergebnisse der IHK-Sommerumfrage, an der mehr als 3.800 Unternehmen teilgenommen haben. Das Fachkräfteangebot gehört aus betrieb- licher Sicht zu den fünf wichtigsten Standortfak- toren – nach digitaler Infrastruktur, Wohnungs- angebot und funktionierender Verwaltung. Spe- ziell zuWeiterbildungsaktivitäten befragt, haben mehr als 630mehrheitlich Kleinst- und Kleinun- ternehmen geantwortet. Ganz klar ist für 84 Pro- zent von ihnen, dass Weiterbildung eine wichtige Investition in ihre Fachkräfte ist, und über 90 Pro- zent sehen inWeiterbildung eine hohe bis mittlere Bedeutung für ihre Unternehmensentwicklung. Mehr digitale Angebote sind gefragt Jetzt ist das leichter gesagt als tatsächlich getan. Gefragt nach konkreten Umsetzungsproblemen, zeigt sich, dass der Zeiteinsatz für Fort- und Weiterbildungen für 78 Prozent der antworten- den Unternehmen die höchste Hürde ist. Mehr- heitlich werden auch die Finanzierung (64 Pro- zent), fehlende Informationen und Unterstützung (61 Prozent) sowie die mangelnde Flexibilität von Angeboten (61 Prozent) als größere Hemmschuhe genannt. Das Finden passender Inhalte ist für mehr als die Hälfte eine deutliche Hürde. Welche Lösungen könnten Unternehmen nun helfen, damit die Berliner Weiterbildungsquote deutlich steigt? Häufig werden die Aktualität, Inhalte, Qualität und Sinnhaftigkeit geförderter Maßnahmen seitens der Geschäftsführer hinter- fragt. Aus ihrer Sicht braucht es deshalb deutliche Qualitätssteigerungen und ein bedarfsgerechteres Angebot der Bildungsanbieter. Vielen würde der Ausbau digitaler Angebote mehr Flexibilität für ihre Betriebe und Lernenden bringen. Auchwenn nicht alle Betriebe für ihreWeiter- bildungsaktivitäten staatliche Hilfe wollen oder brauchen, so halten doch knapp drei Viertel der Befragten finanzielle Förderungen für hilfreich. Steuerliche Erleichterungen und individuelle Anreize für betrieblicheWeiterbildung, wie etwa eine Weiterbildungsprämie (auch für Soloselbst- ständige), werden hier häufig genannt. Berlin braucht einen Weiterbildungsschub Wichtig ist auch mehr als der Hälfte der Betriebe mehr Flexibilität bei geförderten Maßnahmen, zum Beispiel in Form einfach handhabbarer Antragstellungen sowie Verwaltungsprozesse oder dass es keine hohe Mindeststundenzeit und enge Förderkorsette gibt. Ganz praktisch helfen auch mehr Informationen und Qualifizierungs- beratungen (je 30 Prozent), die bei der Personal- entwicklung und bei der Suche nach passenden Weiterbildungsangeboten unterstützen. Insgesamt zeigt auch die Umfrage, dass zur Stärkung von Fort- undWeiterbildung in schwie- rigen Zeiten und bei sehr heterogenen Bedarfen mehr betriebsgerechte, zeitgemäße, flexible, ein- fach zugängliche und unbürokratische Maßnah- men dringend gebraucht werden und das Land Berlin dazu seinen Part deutlich steigern sollte, um einen echten Weiterbildungsschub aus- zulösen.  ■ ILLUSTRATION: GETTY IMAGES/BRANDON LAUFENBERG 91 % der befragten Unternehmen sehen in der Weiter- bildung eine hohe bis mittlere Bedeutung für ihre Unter­ nehmensentwicklung. Beratung und Infos Fachstelle für Qualifizie- rungsberatung für KMU: gesbit.de/lebens­ begleitendes-lernen, Menüpunkt: „Fachstelle Qualifizierungsberatung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)“ Weiterbildungsverbund (GFBM Akademie): weiterbildungsverbund. digital Angebote stark nachgefragt Bedeutung von Weiterbildung für Unternehmen 60 31 9 % hohe mittlere geringe Bedeutung Mitteleinsatz für die Zukunft Weiterbildung ist eine wichtige Investition in Fachkräfte 84 8 8 % Tri t zu/eher zu Teils, teils Tri t nicht zu/ eher nicht zu Förderung würde weiterhelfen Unternehmen wünschen sich Finanzhilfen und mehr Flexibilität. Angaben in Prozent, Mehrfachnennung möglich Grafiken: BW Quelle: IHK Berlin 51,8 Mehr Flexibilität, z. B. bei geförderten Maßnahmen Finanzielle Förderung, z. B. eine Weiterbildungsprämie Mehr Informationen Qualifizierungs- beratung Anderes 73,0 29,8 28,8 5,7 15 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 09 | 2021 AGENDA | Weiterbildung

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