Berliner Wirtschaft Juni 2021

V erschiedene politische Parteien haben gefordert, denMietendeckel auf Bundese- bene zu verankern. Wie IHK und VBKI deutlich machen, verkennen diese For- derungen, dass auch ein bundesweiter Mietende- ckel ein juristischer wie wohnungsbaupolitischer Irrweg wäre. Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin, betont: „Wer einen bundesweitenMie- tendeckel fordert, riskiert sehenden Auges die nächste juristische Niederlage. Es ist nicht nach- vollziehbar, dass Teile der Politik trotz der massi- ven rechtlichen Bedenken das gleiche untaugliche Instrument jetzt auf Bundesebene durchdrücken wollen.“ Zwar hat der Bund die Regelungskom- petenz, aber ein gesetzlich verordnetes Absenken von Mieten bei bestehenden Verträgen wäre ein Verstoß gegen das Grundgesetz. Und ein Mieten- stopp auf Bundesebene mache Investitionen in denWohnungsmarkt unattraktiv, so VBKI-Präsi- dent Markus Voigt , der ebenfalls betont: „In einem marktwirtschaftlich ausgerichteten System setzt ein Preisstopp allenfalls Anreize für Umgehungs- strategien.“ Zum Scheitern verurteilt ist auch der Ansatz eines undifferenzierten Deckels für alle. „Der Mietendeckel in Berlin ist juristisch und in der Praxis gescheitert. Selten hat eine politische Maßnahme in so kurzer Zeit dermaßen eindrück- lich bewiesen, dass sie untauglich ist, Mieter zu entlasten, wie der Mietendeckel“, so Eder. „Was wir brauchen, sind kluge ineinandergreifende Maßnahmen.“ Mit der Mietpreisbremse hat der Bund bereits das passende Instrument etabliert. Eine Verschär- fung des vorhandenen Gesetzes wäre daher der zielführendere Weg hin zu mehr Mieterschutz. In Städten und Gemeinden mit besonders ange- spanntem Mietwohnungsmarkt ließe sich bei- spielsweise die maximal zulässige Erhöhung auf zehn Prozent innerhalb von vier Jahren begren- zen, wie es bereits von Wohnungsbauverbänden vorgeschlagenwurde. Zudemkönnten die Moder- nisierungsumlage enger gefasst, die Kappungs- grenze bei Neuvermietung verschärft und Aus- nahmetatbestände abgeschafft werden. Beide Organisationen sprechen sich zudem für mehr Transparenz bei den Mietpreisen aus, sofern der bürokratische Aufwand den Nutzen nicht übersteigt. Eine Offenlegungspflicht der Mieten imRahmen einer schlanken, digitalisier- ten Lösung erhöht nicht nur das Vertrauen in das Mietspiegelsystem, sondern würde endlich auch eine verlässliche Diskussionsbasis in der woh- nungspolitischen Debatte schaffen und für Pla- nungssicherheit im Verhältnis von Mietern und Vermietern sorgen. Gleichzeitig muss der Neubau von Wohnun- gen endlich beschleunigt werden. VBKI und IHK Berlin fordern ein klares Bekenntnis zu einem gemeinsamen Vorgehen aller relevanten Akteure. Planungs- und Genehmigungsverfahrenmüssen beschleunigt, ausreichend Bauland bereitgestellt und ertüchtigt werden. Zudem gilt es die Bauord- nung zu vereinfachen. Um der Spekulation mit Bauland vorzubeugen, könnten etwa Baugeneh- migungen befristet ausgestellt werden. ■ IHK Berlin und VBKI warnen in einer gemeinsamen Stellungnahme davor, ein solches Instrument auf Bundesebene einzuführen von Claudia Engfeld Irrweg Mietendeckel Beim Mietendeckel geht es um Immobilien im Bestand, wie etwa in solchen Altbauten FOTO: IAIN MASTERTON/ALAMY STOCK PHOTO AGENDA | Wohnungsmarkt 12 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 06 | 2021

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