Berliner Wirtschaft Mai 2024

tikbetriebe ein Standort innerhalb Berlins schon alleine aufgrund des Flächenbedarfs nicht mehr infrage kommt. Die ziehen dann nach Brandenburg? Torsten Wiemken: Da kann Brandenburg einiges aufnehmen, sodass diese Unternehmen sich immerhin in der Hauptstadtregion ansiedeln können. Tesla ist sicherlich das prominenteste Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit. Im unmittelbaren Umland von Berlin sind baureife Gewerbe- und Industrieflächen mittlerweile aber auch knapp. Susann Liepe: Ja, aber im Speckgürtel gibt es im Gegensatz zu Berlin für Unternehmen immerhin noch die Möglichkeit, Flächen von der öffentlichen Hand zu erwerben. In Berlin können Firmen nur noch ein Erbbaurecht auf die Flächen erhalten. Wobei wir das Modell des Erbbaurechts befürworten. Aber für viele Firmen ist es problematisch, wenn sie nicht der Eigentümer der Flächen sind. Susann Liepe: Klar, weil ihnen die Finanzierung ihrer Investitionen schwerer fällt. Aber es ist doch auch verständlich, dass eine Stadt wie Berlin künftigen Generationen Gestaltungsspielräume in der Stadtplanung und Flächennutzung erhalten will. Der Trend, öffentliche Flächen nur noch über das Erbbaurecht zu vergeben, setzt sich übrigens in Deutschland immer mehr durch. Sie haben darauf hingewiesen, dass an den Zukunftsstandorten Unternehmen in das jeweilige Profil passen müssen. Kann das nicht dazu führen, dass zukunftsfähige Unternehmen in Berlin keine Flächen finden, weil sie in keines der Branchenprofile passen? Torsten Wiemken: Das ist denkbar, und deshalb brauchen wir auch Standorte, die offener sind. Dennoch sind Profile für Gewerbeparks sinnvoll, weil wir Flächen als knappe Ressource immer sehr gezielt entwickeln müssen. Wie kann man dafür sorgen, dass möglichst viele Gewerbeflächen entstehen? Susann Liepe: Es ist ein Kampf um Prioritäten. Die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten ist groß. Der Druck, der von den Themen Wohnungsbau, soziale Infrastruktur und auch Unterkünfte für Geflüchtete ausgeht, ist hoch. Aus Sicht der Wirtschaft, die Gewerbeflächen will, ist es wichtig, dem standzuhalten. Torsten Wiemken: Es gehört zu unseren Aufgaben, die Konflikte zu diskutieren und zu moderieren, um am Ende entscheiden zu können, welche Flächen gewerblich genutzt und welche zum Wohnen verwendet werden können. Anders gesagt: Wir entschärfen die Konflikte. Übrigens: Es gibt auch noch andere Bedarfe: Freiflächen und kulturelle Nutzungen zum Beispiel. Aber der große Konflikt schwelt zwischen den Leuten, die aus der Wohnbauleitstelle kommen und deren Auftrag es ist, Wohnbauflächen zu finden, und auf der anderen Seite den Leuten, die sich um die Gewerbeflächen kümmern. Susann Liepe: Wir lösen das oft in einem Workshop-Verfahren, in dem sich alle Seiten annähern und eine sinnvolle Nutzungsmischung finden. Inwieweit spielen mögliche Gewerbesteuereinnahmen bei der Entwicklung eines Profils für ein Gewerbegebiet eine Rolle, oder geht es tatsächlich vorwiegend um Daseinsvorsorge? Susann Liepe: Anders als in Hamburg oder München gibt es in Berlin keine festgelegten Vergabekriterien. Anderswo gibt es konkrete Raster: Beispielsweise wird bis zu 25 Prozent die Arbeitsplatzdichte als Kriterium herangezogen. In Berlin ist das weniger starr. Es können auch mal gestalterische oder nutzungsbezogene Aspekte eine tragende Rolle spielen. Aber natürlich spielen die Wirtschaftskraft, die potenzielSusann Liepe und Torsten Wiemken (r.) erklären im Interview mit Redakteur Michael Gneuss, wie in Berlin Gewerbeflächen gesichert werden können Gut vernetzt Kontakt zu Susann Liepe auf LinkedIn über den QR-Code: FOTO: AMIN AKHTAR Berliner Wirtschaft 05 | 2024

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